Vielleicht ist in der Popkultur ja inzwischen wirklich alles Wesentliche gesagt. Wer in der Kunst heute noch Aussagen über das Schöne und Wahre tätigen will, der tut es als Zitat. In dieser eklektischen Landschaft bewegen sich die Soundtüftler von Animal Collective schon seit Jahren. Verschachtelt, referierend und gewitzt war ihre Arbeit schon immer. Und manchmal auch reichlich anstrengend. 2007 wies das Soloalbum "Person Pitch" von Panda Bear in eine nicht weniger komplexe, aber weit unangestrengtere Richtung. Mit "Merriweather Post Pavilion" macht er mit seinen Kollektivpartnern Avey Tare und Geologist nun eben dort weiter. Und gemeinsam kommen sie auf einem unverhofften Level an, das schon verdammt laut "Klassiker" schreit. ~ Jens Szameit (teleschau) aufklappen »
Man kann die Collagekunst des Animal Collective natürlich immer noch als ziemlich zerfranst, ziellos und zerklüftet empfinden. Doch gegen die kristallklaren Melodiewunder, die das Album in Serie freigibt, muss man dann schon nachhaltig immun sein. Animal Collective legen nun bereits ihr neuntes Studioalbum vor. Indes, so rückhaltlos wie hier hat sich das oft arg versponnene Soundforscherensemble noch nie auf die Suche nach zeitloser Schönheit begeben. Wie sich aus knallbunten, repetitiven Klangkaleidoskopen wie "Daily Routine", "Bluish" oder "Summertime Clothes" die denkbar jenseitigsten Harmonieläufe schälen, ist tatsächlich rätselhaft und vollkommen unerhört.
Klar, wer hier ein "Pet Sounds" fürs 21. Jahrhundert erkennt, erliegt einem schon zu oft gehörten Vergleichsreflex. Aber nicht alleine das unfassbare "My Girls" kommt mit seiner unverfälschten Glückseligkeit dem Harmonienverständnis Brian Wilsons so nahe, wie es eine Popband der digitalen Moderne nur kann.
Wo immer sich dieser "Merriweather Post Pavilion" befindet, ob nun 20.000 Meilen unter dem Meer oder auf einer vom Frühtau benetzten Blumenwiese, so ganz von dieser Welt ist er sicher nicht. Doch dem dümmsten Vorwurf, den man dieser ungeheuer klugen Platte machen kann, treten Animal Collective in "Also Frightened" bereits selbst entgegen: "No one should call you a dreamer." Nee, nicht mal im Traum.