Singer/Songwriterin? Leider sind die platten Klischees, leeren Worthülsen und schlimmen Floskeln ja schnell bei der Hand. Am schlimmsten ist sicherlich, dass gerade Musikerinnen aus Skandinavien gerne mit "zauberhaften" Etiketten versehen werden. Und so tummeln sich immer wieder zärtlich-schüchterne Elfen und feengleiche Erscheinungen in verträumten Märchenfolk-Wäldern. Der Schwedin Anna Ternheim wird es auch mit ihrem dritten Album "Leaving On A Mayday" wahrscheinlich kaum anders gehen. Was aber nur in Ordnung geht, wenn man sich durch diese herbeigeschriebenen Märchenkulissen nicht den Blick auf ein hervorragendes Folkalbum verstellen lässt. ~ Stefan Weber (teleschau) aufklappen »
Wenn's denn schon ein Etikett sein muss, das an Anna Ternheim haften bleibt, dann nämlich höchstens das der kühlen Blonden. Nach dem üppig arrangierten Vorgänger "Separation Road" stehen bei "Leaving On A Mayday" ihre klare, leicht unterkühlt wirkende Stimme und ihre offenherzig-intimen Texte im Vordergrund, sind Ternheims Folk-Songs sparsam, oftmals nur mit Klavier und Akustikgitarre als tragenden Instrumenten, arrangiert.
Selbst wenn sanfte Streichertupfer gesetzt werden, wie etwa in "What Have I Done" oder "Terrified", ist es die Reduktion der Mittel, die Ternheims Album auszeichnet. Dazu steuert Produzent Björn Yttling (Peter Björn And John) ein ums andere Mal leicht vertrackte Bassläufe und polyrhythmische Percussion bei, die an den Überhit "Young Folks" seiner eigenen Band erinnern. Das countryeske "Summer Rain" hingegen kommt nur mit Akustikgitarre und weiblichem Backgroundchor aus, bei "Off The Road" nähert sich Ternheim auf wunderbare Weise dem traditionellen britischen Folk der 60er-Jahre.
Das Beste an "Leaving On A Mayday" ist aber, dass es die Songwriterin schafft, sämtliche Klischeebilder zu vermeiden, dass sich ihr Album zu keinem Zeitpunkt in emotionalen Kitsch verliert. Und jenseits aller Floskeln trotzdem wunderbar anrührend ist.