Die Nachricht, dass Queens-Of-The-Stone-Age-Chef Josh Homme das dritte Album der Arctic Monkeys produziert, fachte die Spekulationen an und ließ Vermutungen ins Kraut schießen. In welche Richtung würde der uneingeschränkte Herrscher des Stoner-Rock das Quartett geleiten? Oder gar führen? In keine, die man unbedingt erwarten würde, wenn unbändige jugendliche Energie, britisches Popmusikverständnis und staubtrocken-knackiger US-Wüstensound aufeinandertreffen - so viel lässt sich bezüglich "Humbug" definitiv feststellen. ~ Stefan Weber (teleschau) aufklappen »
Denn, nein, auf den einst besungenen "Dancefloor" zieht das hier sicherlich kaum noch jemanden. Und der auf dem zweiten Album etwa bei "Brianstorm" heraufbeschworene, höchste Gitarrenstärken erreichende Sturm ist auf "Humbug" im Vergleich höchstens ein laues Lüftchen. Fast scheint es so, als ob sämtliche Energie der Arctic Monkeys sich jetzt gebündelt in allerhöchster Konzentration wiederfindet. Und so trifft eine von den vielen, selten ernst gemeinten Aussagen der Band selbst wohl tatsächlich zu: Im Gegensatz zu den vorherigen Alben ist "Humbug" keine Momentaufnahme, sondern zeigt überlegtes musikalisches Handeln.
Hommes Beitrag dazu ist spürbar, aber vergleichsweise minimal: Die Atmosphäre ist durchgängig leicht fiebrig, beim staubtrocken-stolpernden "Dangerous Animals" sowie dem extrem bassdrucklastigen "Pretty Visitors" ist der Queens-Mann herauszuhören - bei Letzterem sogar als Backgroundsänger. Ansonsten bewegt sich das Quartett in Richtung obskurer und versponnener Sixties-Pop. Ein extrem gangbarer Weg, den Sänger Alex Turner schon mit seiner Zweitband The Last Shadow Puppets beschritt.
Die Spät-60er-Konzeptalben der Kinks und Small Faces und Morricone-Soundtracks kann man auf "Humbug" erkennen. Genauer hinhören muss man hingegen ein ums andere Mal bei Turners teils ungewohntem Gesang. Nicht nur beim unterschwellig düster dräuenden "My Propeller" gibt er einen ziemlich guten Morrissey-Imitator ab. Diese und weitere zahlreiche Referenzen machen "Humbug" zu einer wunderbaren, nicht zu erwartenden Platte, die entdeckt werden will und muss. Denn wie schon gesagt: Nichts schreit hier nach Instant-Hit oder Tanzboden. Höchstens vielleicht "Secret Door" - und dann auch nur, wenn der Indie-DJ um halb fünf Uhr früh zur Engtanzrunde bittet.