Es bedarf mit Sicherheit gehöriger Anstrengung, eine Platte aufzunehmen, die so fordernd, so alle Aufmerksamkeit verlangend ist wie "Oversteps". Auf ihrem neunten Album verfeinern Autechre das Prinzip, das sie spätestens seit dem 1998 erschienenen "LP5" verfolgen: Weg vom Song, eh klar. Aber auch weg vom Track als ein auf Wiederholung basierendes Konstrukt mit einem Mindestmaß an Eingängigkeit. Rob Brown und Sean Booth versuchen sich stattdessen an einer Kakafonie von elektronischen Störgeräuschen, die wenige zugängliche Momente hat. ~ Jochen Overbeck (teleschau) aufklappen »
In "known(1)" kann man vielleicht noch am ehesten reinrutschen, Bezugspunkte zur Realität finden. Ein Cembalo-verwandter Analogsynthie spielt sich sehr frei, aber nicht unmelodiös durch den Track und verströmt dabei eine meditativ-singende Aura. Downbeat ist's trotzdem nicht - weil der Hintergrund eben nicht sanft pluckert, sondern von ordentlich Störgeräuschen durchsetzt um die Aufmerksamkeit des Hörers buhlt. Eine gelungene Kombination, die sich auf der Platte leider nur an wenigen Stellen findet.
Meistens fällt das Melodiöse oder das Repetitive, also der Wesenszug jeder Form von Unterhaltungsmusik, völlig weg und überlässt den progressiveren Klangentwürfen das Feld. Das klingt dann nach Störgeräuschen, nach durchbrennenden Festplatten, nach verknoteten Kabelsträngen und überheizten Ladegeräten. Vor allem aber klingt es nach dem, was bei den Londonern so herumsteht: unzählige Synthies, diverse Sampler und Drumcomputer. Dazu nicht nur die übliche Software, sondern auch selbst entwickelte. Klangforschung eben. Und die hat alle Aufmerksamkeit der Welt verdient, auch wenn das etwas Anstrengung erfordert.