Fast unmöglich, einen Text über B.B. King zu verfassen, ohne in den Superlativtopf zu greifen. Die älteste Blues-Legende? Der Mann ist 83. Das ist eine Hausnummer. Die einflussreichste Blues-Legende? Der Mann hat 14 Grammys. Fast zeitgleich mit "One Kind Favor" wird das B.B.-King-Museum in Indianola eröffnet. Aber was wären solche Fakten, wenn einen nicht auch die Musik zu Superlativen hinreißen würde. ~ Alexander Diehl (teleschau) aufklappen »
Nun gut, ein kleiner Rückzieher: Nicht immer waren seine Veröffentlichungen reines Gold. Ohne große Gästeliste, die King zuletzt eher hemmte als weiterbrachte, klopft er wieder ganz oben an. Es war die Idee von T-Bone Burnett, der bereits Alison Krauss & Robert Plant zu ihrem starken "Raising Sand" verhalf, die Musik wiederzubeleben, die B.B. King in den 50-ern prägte. Sie scharten mit Dr. John (Piano), Nathan East (akustischer Standbass) und Jim Keltner (Schlagzeug) eine Weltklasse-Truppe um sich, und los ging es. "The B.B. King that was".
Da sind sie wieder, die Superlative. Das Beste an Blues in diesem Jahr? Jegliche Zweifel werden unter den vollendeten Interpretationen von Songs begraben, die King aus einem Fundus von 200 Nummern auswählte. Geschrieben wurden sie beispielsweise von Lonnie Johnson, Blind Lemon Jefferson, den eher unbekannteren Mississippi Sheiks oder T-Bone Walker. Reduziert wird dabei vorgegangen, gerade eben noch im Club, jetzt schon auf CD. Ob Bläsersektion, Klavierfüllungen oder das unnachahmliche Spiel des Meisters - sie verschmelzen, anstatt sich die Show zu stehlen oder im Studio dick gepudert zu werden. Verschmelzen zu einem zeitlosen Vademekum für gebeutelte Zeitgenossen, mit dem sich herrlich beweisen lässt, dass der Blues zwar gewisse Entwicklungshemmungen zeigt, dies jedoch auch darin begründet sein mag, dass zielgenauer als mit der guten alten Formel der Gefühlsnerv kaum getroffen werden kann.
Schwer ist es, Favoriten herauszupicken. Vielleicht sind es am Ende doch wieder die ruhigen Momente, die "One Kind Favor" endgültig in die Superlativregion schießen. Wie "Backwater Blues", bei dem die Intimität alle Beteiligten kurz vor die Kapitulation zu treiben scheint. Oder der Rausschmeißer: "Tomorrow night, will you remember what you said tonight?" Ja, werden wir. Und auch die Nächte bis zum nächsten Album.