Eine gewisse Entschleunigung des Kweller'schen Schaffens war schon früher zu beobachten. Auf dem zuletzt veröffentlichten "Ben Kweller" merkte man nicht mehr arg viel von dem ungestümen Fuzzpop, der seinerzeit "Sha Sha", das Durchbruch-Album des US-Songwriters charakterisierte, stattdessen gab's golden schimmernden Vintage-Pop, der an Vornamensvetter Ben Folds erinnerte. Jetzt also "Changing Horses". Neues Pferd, neues Glück. Country-Insignien auf dem Cover und in der Instrumentierung. "Gypsy Rose" heißt der Opener seines vierten Albums, und, ja: Es ist ein Country-Song. Gram Parsons nennt der Beipackzettel der Plattenfirma als Referenz in der ersten Zeile. ~ Jochen Overbeck (teleschau) aufklappen »
Von New York hat es Kweller zurück in seine Heimat Austin, Texas verschlagen. Ein Ort, der viel mit Musik, aber weniger als man denken möchte mit Country zu tun hat. Inspirieren ließ sich der 27-Jährige also von seiner Kindheit, vom nachmittäglichen Spiel in Bergbächen und steckengebliebenen Autos. "Country war der Soundtrack meiner Jugend", sagt er.
Die Rückschau als Prinzip? Gar so einfach ist es zum Glück dann doch nicht. Wo sich oben erwähnter erster Song noch staubtrocken mitten in den riffigen White Blues setzt, übt sich Kweller schon im zweiten Track in der Art Americana, die auch über den Song funktioniert: "Old Hat" könnte auch ein Ryan-Adams-Song sein. Das folgende "Fight" bedient sich bei den Byrds zu "Sweetheart Of The Rodeo"-Zeiten, was ja nicht die schlechteste Referenz ist, während das kammermusikalische "Ballad Of Wendy Balker" hinreichend düster anmutet, auch was die bittersüßen Lyrics angeht. "I keep missing you. My heart knows it's through", singt Kweller hier, bevor er doch noch die ewige Liebe beschwört. Im weiteren Verlauf pendelt er zwischen diesen Polen, streut mit "Sawdust Man" einen Boogie ein und endet wieder groß: "Homeward Bound" bedient die klassischen Themen des Country-Rock, erzählt von dem Mädchen, das unterwegs ist, von Ramblern, Gamblern und dem Ford Bronco, mit dem "That girl" unterwegs ist. Ein schöner Schluss für ein Album, das manchmal einen Zacken zuviel Exegese betreibt.