Etwas ungerecht ist das schon: Es gibt jede Menge Metal-Bands, die in den Achtzigern viel leisteten und mit dicken Plattenverträgen belohnt wurden, obwohl sie immer im Schatten der Szene-Riesen standen. Mittlerweile krebsen die meisten von ihnen am Existenzminimum rum und können höchstens noch Insider hinterm Ofen hervorholen. Die Major-Labels lassen die Senioren links liegen und setzen auf blutjunge Truppen, die jedoch - es mag absurd anmuten - ähnliche Einflüsse geltend machen wie ihre reifen Kollegen. Sturm Und Drang springen einen da an, Kissin' Dynamite auch, und nun Black Tide, die mit "Light From Above" so überhaupt nicht nach Teenies klingen wollen. ~ Alexander Diehl (teleschau) aufklappen »
Vor vier Jahren gründete sich die Band in Miami. Ihr Sänger und Gitarrist Gabriel Garcia war damals gerade mal zehn Jahre alt. Dann ging alles rasend schnell. Dank Interscope. Das Label nahm sie unter Vertrag. Raus auf die Bühne. Das Ozzfest war der Ort, an dem sie lernten, wie ein Soundcheck richtig durchgezogen wird. Auch eine Möglichkeit. Johnny K (Disturbed, Machine Head) produzierte ihr Debüt, warum auch nicht. Im Vorprogramm von Bullet For My Valentine werden sie nach Deutschland kommen. Peanuts. Sind doch jetzt einige von ihnen über sechzehn. Dann dürfen sie hier auch Berliner Weisse und Kölsch trinken. Ganz legal.
Vor allem aber dürfen sie eines: Beweisen, dass sie live genauso knallen wie auf Platte. "Light From Above" ist keinen Zentimeter origineller, aber ordentlich umgesetzter Heavy Metal. Ziemlich unverhohlen wird sich bei den Großen bedient: "Warriors Of Time" ist eine Mischung aus Hammerfall und Iron Maiden, "Enterprise" nur Iron Maiden, "Live Fast Die Young" macht einen auf Mötley Crüe, im Opener "Shockwave" kommen Skid Row zum Vorschein. Dazu alles Mögliche von Guns'N'Roses bis Metallica, denen die vier Freunde mit "Hit The Lights" sogar eine Coverversion spendieren.
Die Jungs haben ihre Hausaufgaben gemacht, das beweisen insbesondere die schwer erwachsenen Soli. Und dass Gabriel noch nicht nach Whisky und Zigaretten riecht, ist doch irgendwie beruhigend. Vielleicht ist es nur ein psychologisches Moment, aber die Freude, die Motivation, die Neugier, die scheint bei Black Tide allgegenwärtig zu sein. Und mal ehrlich, unfassbar platte Texte vom Schlage "Shout, scream your hearts out" oder "Live fast, die young", die nimmt man einigen blutjungen Kerlen doch weitaus weniger übel als Mittvierzigern.