"Dieses Album habe ich ohne jeden Hintergedanken gemacht. Ich wollte schöne Lieder komponieren, abseits von Kommerz und allen Marketing- und Medien-Spekulationen." Sagt Brett Anderson über sein zweites Soloalbum "Wilderness". Und jenseits guter Songs sollte man sich tatsächlich auch von jeglichen Erwartungen, die man eventuell an den Ex-Suede-Sänger haben kann, frei machen. ~ Stefan Weber (teleschau) aufklappen »
Schon sein erstes, selbstbetiteltes Soloalbum zeigte eine wesentlich intimere Seite Andersons. Keine Spur mehr von den offensichtlichen Glam-Rock-Inszenierungen, die ihn in den 90er-Jahren zum ersten Posterboy des Britpop machten. Das gemeinsame Projekt The Tears, 2005 mit Ex-Suede-Gitarrist Bernard Butler ins Leben gerufen, der expressive Breitwand-Pop des Duos - ebenfalls Schnee von gestern. Stattdessen schrieb Anderson tief beseelte, teils gar düstere Balladen, die ihm in der englischen Presse Vergleiche mit Scott Walker einbrachten. Auf "Wilderness" zieht sich er sogar noch weiter in sich zurück.
Seine Stimme, dazu Piano oder Akustikgitarre, das Ganze begleitet durch ein einzelnes Cello - "Wilderness" ist ein fast makelloses Stück melancholischer Kammerpop. Nur einmal, in "Clowns", verirrt sich Anderson an der Akustischen - dem Albumtitel leider entsprechend - in arg mittelalterlichem Wald- und Wiesenfolk. Ansonsten aber wilde, traurige Schönheit. Die vor allem an den Stellen ergreifend wird, an denen etwas Licht und menschliche Wärme in Andersons dunkle Rückzugsräume dringt. Wenn er sich etwa in "Blessed" der Euphorie der Liebe hingibt: "You smile / And I am blessed / You love / And I'm possessed". Oder auf "Back To You" zusammen mit Polanski-Ehefrau Emmanuelle Seigner fast schon an das legendäre Düster-Duett von Nick Cave/Kylie Minogue erinnert.
Kommerzielle Gedanken will man ihm deshalb aber nicht unterstellen. Dazu ist "Wilderness" auch viel zu weit unterhalb des Pop-Mainstreams angesiedelt, sicherlich werden hier hauptsächlich Fan-Erwartungen erfüllt. Für alle anderen hat Anderson einfach schöne Lieder komponiert.