Wenn so viele Künstler wieder aus ihren Kellerstudios oder Landsitzen herauskrabbeln, um noch schnell eine Best-Of-Scheibe zu produzieren, dann möchte auch der Gentleman unter den Popstars, Bryan Ferry, nicht fehlen. Mit der CD und DVD-Kombi "The Best Of Bryan Ferry" macht dieses Urgestein der 70er- und 80er-Jahre-Szene mal wieder klar, was für einen gigantischen Output an Hits er mit und später ohne Roxy Music fabriziert hat. ~ Kati Hofacker (teleschau) aufklappen »
Mit jenem unnachahmlichen, dezent kitschigen Schmelz schnulzt er "Smoke Gets In Your Eyes", mit Ironie und Witz versaubeutelte er "You Go To My Head" zu einem Jazz-Brainpop-Hybrid oder er begibt sich mit rockig inspirierten Popnummern à la "A Hard Rain's Gonna Fall" auf die Spuren von Iggy Pop, David Bowie und Co. Ferry überzeugt auch im Fach Rockmucke und knallt den saxofongetriebenen Partyhammer "Let's Stick Together" dazwischen, das man ausschließlich mit dem Schüttelfrost-Wort "Evergreen" beschreiben kann.
Bryan Ferry hat immer gerne und viel gecovert, verzauberte Songs wie "I Put A Spell On You" zu einer jener typisch unterkühlten Nummern mit seinem einzigartigen Stimmschmelz. Aber Ferry brillierte auch als Komponist. Das Blues-infizierte Stones-Soundalike "Tomorrow", ist eine seiner Nummern auf dieser Sammlung, das verspielte "Tokyo Joe" oder Superhits wie "Limbo", "Kiss And Tell" "Don't Stop The Dance" oder "Slave To Love".
Bryan Ferry und auch Roxy Music waren maßgeblich an der Popularisierung des Punk beteiligt, der Ferry immer wieder infizierte und faszinierte, auch wenn das heute kaum noch hörbar oder vorstellbar ist. Außerdem gelten Roxy Music und Ferry bis heute bahnbrechend für die Sounds, das Artwork, die Auftritte, vor allem aber für das Rollenverständnis der unzähligen New Wave-Bands, die bald darauf entstanden.
Wer sich noch an Ferrys Auftritte im Musikladen der 70er- und 80er-Jahre erinnern kann, wie er - so ganz anders als all die Haarmattenwedler - geölt, geschniegelt und die Poppertolle schleudernd das Mikro liebkoste, herrlich! Die Lederhose bis kurz unter die Achsel gezogen, das war damals schick, die Krawatte immer im Anschlag ... Eiskalte Frauen in dramatischen Roben und mit arrogantem Ausdruck staffierten seine Auftritte und Videoclips aus. Heute wirkt es komisch, damals war das Ganze revolutionär! Ferry wagte später Experimente wie eine komplette CD mit Dylancovers ("Dylanesque"), ein herrliches Stückchen voller nostalgischer Ballroomschnulzen ("As Time Goes By").
Für den Fan lohnt sich die Anschaffung von "The Best Of Bryan Ferry", die ansonsten nur zwei Bonustracks bietet, aber alleine aufgrund der DVD, auf der sich satte 28 Videoclips finden, die sich für Eighties-Fans als Quell der Freude und Inspiration entpuppen - auch aufgrund der manchmal unfreiwilligen Komik.