Carried to Dust

Bereits "Feast Of Wire" und "Garden Ruin" wirkten zuletzt in ihren Horizonterweiterungen bisweilen etwas ziellos. Ein Eindruck, der sich nun verstärkt. "Carried To Dust" ist das ambitionierteste, technisch brillanteste und stilistisch vielfältigste Werk, das Calexico bis heute vorgelegt haben. Aber es ist auch auf eigentümliche Weise ihr unbefriedigendstes. Und zwar nicht obwohl, sondern gerade weil das Ensemble um Joey Burns und John Convertino ihr Repertoire inzwischen aus dem Stegreif beherrscht - und fast nach Belieben erweitert.

Das spanische, von Gastsängern vorgetragene "Inspiración" ist von der Seite betrachtet der Schlüsselsong der Platte. Hier verlassen Calexico plötzlich vertrautes Terrain und beackern das schwierige Feld der Weltmusik - und zwar von der Seite, die auch muffige Folkloristen wie Ry Cooder und Filmemacher Wim Wenders begeistert. Ethnokitsch ist ein zu schlimmes Wort, doch auch "Victor Jara's Hands" und "House Of Valparaiso" lassen sich von arg süffigen Latino-Versatzstücken den rauen Zahn ziehen.

Dennoch hat auch "Carried To Dust" unverkennbar seine großen Momente: "Slowness" ergeht sich mit in der Sonne zerfließenden Slidegitarren in erhabener Melancholie. "El Gatillo (Trigger Revisited)" ist ein fiebriger, instrumentaler Tex-Mex-Western alter Calexico-Prägung mit Bläsern, Morricone-Flöten und Twang-Gitarre. "Red Blooms" ist ein dräuendes Wüsten-Drama und vielleicht der packendste Moment einer Platte, die lediglich zwei bis drei Möglichkeiten zu viel ausschöpft.