"The Awakening" - so hieß nicht nur das letzte Album von Caliban, so hieß auch die exotischste Nummer darauf. Düster, beklemmend, atmosphärisch. Ein Körnchen dieser Stimmung geben die Ruhrpott-Metaller auf "Say Hello To Tragedy" ihrem Grundrezept bei. ~ Alexander Diehl (teleschau) aufklappen »
Auf das Aufwachen folgt das Erkennen. Sehen, was dort draußen schief läuft. Musikalisch und gesellschaftlich. Die globale Metamorphose vom Metalcore zum Modern Metal ist in vollem Gange. Mitgestalten statt hinterher rennen, das gelingt Caliban nicht zum ersten Mal. Die Farbtupfer aus Elektronik, Samples und Keyboards sind präzise gesetzt und fügen sich herrlich unauffällig in den Sturm ein. Das Tempo wird hier und da zurückgenommen, was der Urgewalt eine neue Dimension verleiht. Eine, die sich zwischen Frontalangriffen und Variationen über eine Schreistimme Gehör verschafft und das textliche Konzept stützt. "Say Hello To Tragedy". Nicht wegsehen. Der Fall Fritzl ist eine der Inspirationsquellen, andere Themen sind fiktional. Weniger Zeilen als üblich gehen im brachialen Gegen-die-Wand-Rennen unter.
Bei alledem haben Caliban auf ihrer siebten Studioplatte wieder einiges für die Massen geparkt: Dank "24 Years" und "Caliban's Revenge" ist die Frage, ob sie ihr internationales Format beibehalten können, schnell geklärt. Ein tränenbenetzter Emo-Ausrutscher dagegen ist nicht dabei. Ein weiterer exotischer Ausreißer schon: "All I Gave" mündet nach einem kurz gehaltenen, unsicheren Anfang in einen gedrosselten Dialog aus Wut und Besänftigung. Ein klaustrophobischer Mittelteil stürzt ins Nichts, ein ruhig dahinfließendes Piano-Motiv schließlich lässt den Song leise ausklingen, bevor zwei härtere - nicht härteste - Titel den Reigen beenden. Auch deswegen besitzt "Say Hello To Tragedy" eine Gefühlstiefe, welche über die nächste Wall Of Death hinausreicht.