Das muss man Christina Stürmer lassen: Sie kämpft mehr als wacker gegen die üblichen Castingshow-Vorurteile an. Als Zweitplatzierte der österreichischen Sendung "Starmania" musste sich die 26-Jährige vor allem in ihrer Heimat den Vorwurf gefallen lassen, dass sie ja keine wirkliche Künstlerin, sondern nur das Produkt einer Fernsehsendung sei. Ihrem Erfolg - gerade in Deutschland - tat dieser Umstand indes überhaupt keinen Abbruch. Was womöglich auch daran liegt, dass Stürmer im Vergleich zu anderen (deutschen) Castingshow-Gewinnern nicht völlig austauschbar wirkt. Und auch ihr viertes Studioalbum "In dieser Stadt" eine gewisse eigene Note besitzt. ~ Stefan Weber (teleschau) aufklappen »
Spätestens seit ihrem gelungenen Unplugged-Best-Of "Laut-Los" kommt man sowieso kaum umhin, ihrer Musik einen gewissen musikalischen Anspruch zuzugestehen. Den Sound dieser sparsam, dennoch detailreich arrangierten Neuinterpretationen mag man an mancher Stelle auf "In dieser Stadt" sogar ein wenig vermissen. Denn ein ums andere Mal kommen Songs wie "Das können wir sein" oder "Ist mir egal" leider nicht über gut gemachte - aber eben auch etwas austauschbare - Deutschpop-Ware hinaus.
Dabei hat Stürmer definitiv die Fähigkeiten, sich von der Konkurrenz und ihrem ewig nachhängenden Castingshow-Image zu befreien. Und zwar immer dann, wenn sie ihrem stets geradlinigen und selbstbewussten Rockröhren-Image auch musikalische Taten folgen lässt. Bestes Beispiel hierfür ist der straighte Titelsong des Albums, bei dem sie es zudem noch schafft, eine absolut nachvollziehbare Außenseitergeschichte zu erzählen und die Enge von Kleinstädten anschaulich schildert. Aber auch die etwas sanfteren Töne trifft die 26-Jährige teilweise richtig gut. So ist "Tanz ohne Musik" eine wirklich mitreißende und textlich clevere Midtempo-Ballade.
Inwieweit Stürmer daran ihren Anteil hat, kann man nur vermuten. Noch intensiver als jemals zuvor habe sie selbst in den Songwriting-Prozess eingegriffen, gibt sie zu Protokoll. Aber eigentlich ist das auch irrelevant. Mit "In dieser Stadt" beweist die Sängerin, dass sie längst kein Castingshow-Mädchen mehr ist. Aber auch noch keine richtig ernst zu nehmende Rock-Lady.