Wirklich viele Musiker und Bands, die sich ganz natürlich der englischen Sprache für ihre Songs bedienen, gibt es in Frankreich nicht. Die 21-jährige Morgane Imbaud und der drei Jahre ältere Mark Daumail konnten nicht anders: Ihre Mischung aus melancholischem Folk und jazziger Luftigkeit hätte in ihrer Muttersprache nicht funktioniert. Sprachrhythmus und Sprachmelodie wären ein zu dominantes Element gewesen. Das ist grundsätzlich nicht verwerflich, lebt doch der französische Pop von der symbiotischen Beziehung zwischen Musik und Sprache. Aber Cocoon - so nennt sich das Duo - stellen auf ihrem verblüffenden Debütalbum "My Friends All Died In A Plane Crash" die Melodie in den Mittelpunkt. ~ Andreas Fischer (teleschau) aufklappen »
Sie sind jung, sie sind melancholisch, sie sind eine Sensation: In der Grande Nation haben Cocoon bereits mehr als 75.000 Alben ihres Debüts verkauft. Einer Platte, die harmonisch, weich und oftmals nachdenklich ist. Aber die Traurigkeit, die den meisten der zwölf Songs inhärent ist, wirkt niemals resignierend. Eher gedankenversunken, grüblerisch - als würde man die letzten Minuten vor Sonnenaufgang in Songform erleben. In der Melancholie liegt darob dann doch - und gar nicht so sehr versteckt - große Freude und auch Lebenslust. Natürlich lässt der Titel des Albums, "My Friends All Died In A Plane Crash", etwas anderes vermuten. Aber das Leben als Schachtel Pralinen zu begreifen, hilft auch hier. Denn mit charmanter Unbeschwertheit wechseln sich schwermütige ("Seesaw") und fröhliche ("Vultures") Momente ab.
Mit sanften, aber umso eindrücklicheren Stimmen, mit einer hintergründigen Bratsche ("Take Off"), mit der charmant-unaufwendigen Akustikgitarre und sympathischen Ukulele-Passagen erzählen Cocoon ein urbanes Märchen in zwölf Kapiteln, verlieren sich mal gänzlich in der Fantasie, kommen nie völlig in der Realität an. Es weiß ohnehin niemand, was die Wirklichkeit genau ist. "My Friends All Died In A Plane Crash" ist mit all den auf etwas mehr als eine halbe Stunde komprimierten Ängsten, Träumen und Sehnsüchten dann doch wieder typisch französisch und feiert diese Leichtigkeit, mit der das Leben einfach gelebt wird. Das erinnert nicht nur wegen des Covers an Cedric Klapischs Pariser Milieu-Komödie "... und jeder sucht sein Kätzchen". Wie der Filmemacher öffnen auch Cocoon einen kleinen Teil der Welt in seiner ganzen, nicht immer einfachen Vielfalt. Aber ohne tragische Schwere.