Dass die Constantines aus dem kanadischen Ontario sich selbst einmal als Soul-Band bezeichnet haben, wirkt nach dem Hören des ersten Songs auf ihrem vierten Album "Kensington Heights" erst mal verstörend. Denn "Hard Feelings" klingt so, wie er heißt: nach schweißtreibend-rastlosem Post-Rock mit großen Gesten. ~ Klaas Tigchelaar (teleschau) aufklappen »
Aber im weiteren Verlauf der Platte versteht man, wie das gemeint ist. Denn hinter den zahllosen Schichten von Gitarren schwingen die Songs der Constantines sich zu einer Ekstase auf, wie James Brown sie in seinen besten Tagen transportierte. In den ruhigen Momenten von Songs wie "Million Star Hotel" oder "Do What You Can Do" entsteht zudem ein zur Improvisation einladender Freiraum, in dem eben gerade jene Töne die Füße zum Wippen bringen, die nicht gespielt werden.
Auch ein Laut-Leise-Song wie "Time Can Be Overcome" lebt von diesen Pausen, steht schon mit einem Bein in der Blues-Ballade und wirft endgültig die Frage auf, an wen doch gleich diese Gesangsstimme erinnert? Ach ja, Bruce Springsteen, das sagen sie ja auch selbst ganz frei von falscher Bescheidenheit. Zusammengehalten werden diese scheinbar unvereinbaren Gegensätze von intelligenten Rockriffs, heroischen Hooklines und Wurzeln im amerikanischen Punk und Hardcore.
So bedienen die Constantines eine Vielzahl von Sparten, spielen mit brachialen Soundwänden und getragenen Momenten voller Melancholie und schaffen auf "Kensington Heights" ein Rockmonster mit vielen verletzbaren Stellen, die sie spätestens im fast akustischen "New King" unverhüllt bloß legen. Und für diejenigen, die den Soul immer noch nicht raushören, hat man noch eine Hammond-Orgel reingerollt. Am Ende also eine ambivalente Platte, die sich nicht recht zwischen Springsteen, Soul und Underground-Rock entscheiden will und das vielleicht auch gar nicht muss. Denn das Gesamtpaket ist stimmig und zeigt einmal mehr, dass die festgefahrenen Genregrenzen kein Hindernis mehr darstellen, wenn man sich nur traut.