Boys

Titel wie "Bad News" oder "Oh, Suicide" lassen bereits erahnen, dass der Frohsinn auf Cortney Tidwells zweiter Platte nicht gerade übersprudelt: Die Trennung ihrer Eltern sowie die Depression und der Krebstod ihrer Mutter prägten die Sängerin stark. Mit den schweren Streicherarrangements von "Solid State" breitet sich bereits in den ersten Sekunden eine Melancholie aus, die sich in den nächsten 40 Minuten nicht wieder abschütteln lässt. Zwar zieht die Amerikanerin gleich im zweiten Song "Watusii" mit einem aufpeitschenden Rhythmus das Tempo an, doch die bedrohlichen Synthesizer-Sphären erdrücken jedes freudige Gefühl.

"Gothic Country" nennt Courtney Tidwell ihren Stil, was diesen beschreibt und zugleich verklärt. "Gothic" mag die Traurigkeit sein, die in ihrer sanften Stimme liegt oder auch ihr hallender, mehrstimmiger Gesang, der "Son & Moon" und "Oslo" so verschwommen erscheinen lässt wie das Artwork der CD. Doch "Country" verschlüsselt die Experimentierfreude der zweifachen Mutter, die bei "So We Sing" und vor allem beim schlagzeugdominierten "17 Horses" Lust auf Rock gehabt hat. Dieser Widerwille, sich in irgendein Genre pressen zu lassen, ist der Faktor, der die Platte wirklich interessant macht - und zugleich das Publikum zu überfordern droht.