Wenigen Künstlern ist es so wichtig, sich immer neu zu erfinden, wie dem Eigenbrötler Mark Oliver Everett. Der 47-jährige US-Singer/Songwriter - kurz E genannt - bestimmt den Sound der Independent-Band Eels seit 14 Jahren. Doch ob nun akustisch oder wie diesmal eher elektronisch, ist eigentlich egal. Denn auch das neunte Album "Tomorrow Morning" wird nicht von der Bandbreite des unbestreitbar mannigfaltigen Könnens dieses Mannes bestimmt, sondern von seiner knarzenden unverwechselbaren Stimme. ~ Claudia Nitsche (teleschau) aufklappen »
Diese ist vielleicht auch der Grund, weswegen Tom Waits nicht müde wird zu betonen, dass er sich auf jede Veröffentlichung der Eels freut. Der knorrige Mann durfte in den vergangenen 17 Monaten gleich drei Mal zum CD-Händler laufen. Denn die Eels veröffentlichten seit Frühjahr 2009 zunächst "Hombre Lobo", im folgenden Winter das thematisch anschließende sehr deprimierende Album "End Times" und nun - obwohl mal wieder alles schiefgegangen ist - das freundliche "Tomorrow Morning". Im Rahmen seiner Möglichkeiten schlägt Everett dabei aber optimistische Töne an.
Der erste Song heißt "In Gratitude For This Magnificent Day" (zu deutsch "In Dankbarkeit für diesen prachtvollen Tag") - und da steckt keine Ironie dahinter. Auch ein oft niedergeschlagener und trauriger Mensch kann seinen Blickwinkel ändern. Als Musiker arbeitete der Eels-Frontmann lange Zeit seine Vergangenheit auf. Mit einer Rückschau auf sein Schaffen, einem Film über seinen Vater und der Veröffentlichung eines Buches hat Everett offensichtlich große Kapitel seines Lebens zuschlagen können. Mit den bewusst kurz hintereinander veröffentlichten Alben wendet er sich der Gegenwart zu.
Die nun abgeschlossene Gefühlstrilogie führt ihn auf diesem letzten Album in experimentellere Gefilde. Die fallen zwar in die Schublade der elektronischen Musik, gehören aber in einen antiquierten Bereich. Songs wie "Spectacular Girl" oder "Baby Loves Me" könnten wieder einmal richtige Hits werden so wie einst in den Neunzigern "Novocaine For The Soul". Die Texte sind simpel, von bestechender Schlichtheit. Doch nie, auch nicht, wenn er plötzlich positiv denkt oder im Akkord arbeitet, werden Everetts Lyrics einfältig. Die Stimme, knarzend wie ein Holzstapel in der Nacht, wandelt sie, trägt sie in eine hässlich aussehende Welt. Es ist der Trotz, der dieser Band innewohnt, der sich überträgt und Brücken baut über tränenreiche Flüsse. Und auf "Tomorrow Morning" brauchen die Eels nur wenige Minuten, um diesem Planeten einen Hauch von Schönheit und ein wenig Lust auf das Morgen abzuringen.
Eels auf Deutschlandtour
07.09., Hamburg, Große Freiheit
10.09., Berlin, Astra
11.09., München, Tonhalle