1999 kam ein dünner, weißer Junge aus Detroit mit einem Meisterwerk ("The Slim Shady LP") daher und wurde zum größten Star des HipHop. Eminems erstes Major-Album, kreiert vom Großmeister aus L.A., Dr. Dre, schlug ein wie einst Elvis und löste eine Massenhysterie aus, die das Genre nie wieder erlebte. Jedes seiner nachfolgenden Alben, ob "The Marshall Mathers LP" (2000), "The Eminem Show" (2002) oder "Encore" (2004), untermauerte das Genie des 50-Cent-Entdeckers, bis er Mitte des Jahrtausends von den Folgen seiner Drogensucht übermannt wurde. "Relapse" ist das Ergebnis seiner Genesung und die Wiederauferstehung des aufregendsten Rap-Künstlers des Jahrzehnts. ~ Daniel Heim (teleschau) aufklappen »
Eminems böses Alter Ego Slim Shady ließ die Sau raus, schlug auf sie ein, um sie dann als Marshall Mathers wieder liebkosend in die Arme zu schließen. Musik war für keinen Künstler mehr Therapie als für den in einem Trailerpark aufgewachsenen Außenseiter, dem 2003 mit "8 Mile" ein cineastisches Denkmal gesetzt wurde.
Nun ist Eminem nach eigenen Angaben über ein Jahr sauber. Er nutzte den Zeitraum sinnvoll, um sich der Studioarbeit zu widmen, die ihm - befreit von Methadon-Kapseln - wesentlich leichter von der Hand ging. "We Made You", ein doch typischer Dre-Eminem-Hybrid mit einer poppigen Melodie, verkündete die Rückkehr des Detroiter Pillenschmeißers seit Wochen. Und die Single machte klar, dass sein überspitzter Humor nicht verloren gegangen ist. Der quäkende Hochgeschwindigkeits-Flow ist derselbe wie eh und je. Was soll also bei "Relapse" schief gehen?
Die Antwort lautet: Nichts. Mit "3 a.m." liefert Eminem gestochen scharfe Bilder über den Zustand geistiger Verschleierung, die sich als Folge der Einnahme von Halluzinogenen einstellen. Dres Beat macht hier nur das Nötigste und ist reiner Taktgeber. Das Instrumental zu "My Mum" hingegen stampft dank treibender Horns mit mächtigen Schritten voran, während Eminem die Erklärung für seine Drogen-Affinität bei seiner Mutter findet. Sein Erfolgsrezept funktioniert auch auf "Relapse" hervorragend: Der Rapper verpackt die ihn bewegenden Geschichten (Drogen, Mutter, Frauen) in technisch exzellente Verse, die getrost in den Relevanz-Katalog gesteckt werden können.
Auch wenn Dr. Dre als produzent auf "Relapse" keine neuen Meilensteine gelingen, das Album also eher die nahtlose Anknüpfung an die Vorgänger ist: Eminems massentauglicher, poppiger Anspruch, gepaart mit der nötigen Portion kompromissloser Härte zeigt, dass das HipHop-Urgestein immer noch da ist. Und er mag angeschlagen, irgendwie hängen geblieben sein, bleibt aber immer noch einer der besten Rapper aller Zeiten.