Das kann man ihm zugutehalten: Seine ersten Demo-Tapes verschickte er unter dem Decknamen Enrique Martinez. Und erst als er einen ersten Plattenvertrag mit einem kleinen mexikanischen Label in der Tasche hatte, kehrte er mit seinem Familiennamen Iglesias zurück. Soviel zur Emanzipation. Aber richtig zu schaffen machte ihm das Erbe, der Sohn eines der größten Schmusetroubadoure zu sein, sowieso nicht. Enrique Iglesias ist die junge, gut aussehende, frauenumschwärmte und bei Bedarf Hüften kreisende Variante seines Erzeugers. Er hat das Latino-Erbe erfolgreich in die Nuller-Jahre transportiert, darf bereits 18 Songs als "Greatest Hits" bezeichnen. ~ Stefan Weber (teleschau) aufklappen »
Dem Best-Of-Album voran steht selbstverständlich "Bailamos", die Aufforderung zum Tanz, die für Enrique Iglesias 1999 den internationalen Durchbruch bedeutete und zusammen mit Ricky Martins "Livin' La Vida Loca" einen wahren Latino-Pop-Hype auslöste. Die folgenden Singles "Rhythm Divine" und "Be With You" klangen dann zwar schon nach einstudiertem Tanz-Schema F, bei "Could I Have This Kiss Forever" im Duett mit Vokalakrobatin Whitney Houston konnte man jedoch wieder aufhorchen.
Als 2001 "Hero" folgte, war ein Entkommen sowieso unmöglich. Aus allen Äthern kroch die von Iglesias mit aufgesetzt wirkender, brüchiger Stimme gesungene Ballade, die den Vergleich mit den größten Schmalznummern seines Vaters nicht scheuen muss. Dass danach die ganz großen Hits ausblieben, mag daran liegen, dass sich Iglesias danach immer mehr internationalen R&B- und Pop-Beatstandards annäherte und etwas in der Masse unterging. Gäste wie Ciara ("Takin' Back My Love") und Kelis ("Not In Love") hätte er sicher etwas gewinnbringender einsetzen können.
Aber geschenkt: Schon aus Familientradition folgt die nächste große Ballade bestimmt. Und sein Name wird ihm auch weiterhin genug Aufmerksamkeit verschaffen. Ricky Martin hingegen hat man schon fast wieder vergessen.