Ali e Radici

Schließlich bemüht sich Ramazzotti seit Jahren, sich vom bloßen Italo-Schlager zu lösen und sich in Richtung internationaler Pop zu bewegen. Für die Aufnahmen zu "Ali E Radici" verschlug es ihn wahrscheinlich genau deshalb nach Los Angeles. Und deswegen könnten Fans, die auf weitere Vertonungen ihrer (Urlaubs-)Erinnerungen hoffen, auch etwas enttäuscht sein - das ureigene italienische Gefühl vermisst man auf "Ali E Radici" nämlich an einigen Stellen.

Aber was soll's: Eros bleibt Eros, mit der Single "Parla Con Me" und dem dazugehörigen Schmalz in der Stimme punktet er auf jeden Fall. Mit "Non Possiamo Chiudere Gli Occhi" hingegen gibt er den Disko-Eros - und das will einfach nicht so recht passen. Italophile Hörer halten sich da wahrscheinlich lieber am Schmachtfetzen "Nessuno Escluso" oder am Titeltrack "Ali E Radici" fest und sehen mit verschwommenem Blick in Richtung imaginäres Meer.

Gute Laune versprüht der ja sonst eher ein bisschen vom Leben gezeichnet wirkende Römer mit "Affetti Personali", dem aber doch in letzter Konsequenz das Quäntchen Schmiss zum gelungenen Song fehlt. Und ohne mindestens fortgeschrittene Italienischkenntnisse wird man auch diesen, nach eigener Aussage, tief gehenden Text über Freundschaft sowie seine Gedanken zu Glaubensfragen, der Unmöglichkeit von Kommunikation und sein Verurteilen von Gewalt gegen Mensch und Umwelt nicht verstehen.

Rein rechnerisch müsste sich um die CD-Aufnahmen herum der Scheidungstermin von Eros und seiner Ex-Ehefrau Michelle Hunziker abgespielt haben. So etwas kostet Kraft und Nerven, vielleicht ist deshalb sein mittlerweile elftes Studioalbum ein wenig farb- und kraftlos geworden. Sicher, um Emotionen und mediterranes Lebensgefühl hervorzurufen, reicht es allemal. Und vielleicht muss sich ein Künstler wie Eros ja auch nicht immer neu definieren, sondern kann einfach so bleiben, wie er ist.