Einen kleinen Skandal gab es dann doch: Man hätte, so verkündeten die Gallows selbst, für die Aufnahmen von "Grey Britain" unter anderem einen Schlachthof besucht und die Tötung eines Schweines mitgeschnitten, was sich nun auf dem Album finden würde. Die Tierrechtsorganisation PETA fand's wider Erwarten geil, weil kontrovers, der Rest der Welt drehte den Punks so lange den Rücken zu, bis die fleißig dementierten: Alles ein Irrtum. Ein Missverständnis, die kreischenden Schweine im Opener sind aus dem Internet runtergeladen! Wirbel, den "Grey Britain" nicht nötig hat. Denn die optisch wie live so intensive Band schafft es, die kompromisslose Härte des Debüts "Orchestra Of Wolves" noch einmal zu intensivieren. Das Ergebnis: ein im höchsten Maße aufregendes Hardcore-Album irgendwo zwischen Screamo, Streetpunk und Old School. ~ Jochen Overbeck (teleschau) aufklappen »
Die Brutalität hat sich verändert. Wo das Debüt noch eine kurze Abfolge von Schlägen ins Gesicht war, wirkt "Grey Britain" strukturierter. Die Lieder sind länger geworden, dampfwalziger. Im Mittelteil tauchen plötzlich Streicher auf, die freilich mit der üblichen Rezeption des Wortes nichts zu tun haben. Dazu kommt ein Duktus, für den das Wort "apokalyptisch" noch ein Euphemismus wäre und der wohl auch als bittere Abrechnung mit Tony Blair und New Labour verstanden werden kann. Auch wenn die im Inhalt natürlich nicht dezidiert erwähnt werden.
Frontmann Frank Carter setzte sich vor den Aufnahmen tatsächlich auf den Hosenboden und entwickelte ein Treatment, an dem sich die Platte entlangfädelt. Wie gut das einem Album tun kann, merkt man früh: "London Is The Reason" etwa ist heiser, aber durchaus melodiös, und die Bemühungen der Band, sich hier zumindest was die Gitarrenarbeit angeht, von Metal-Bands wie Black Sabbath oder Iron Maiden beeinflussen zu lassen, hört man ebenso raus wie die etwas komplizierteren Strukturen der zweiten großen Hardcore-Welle um Bands wie Refused, die des Öfteren als Referenzpfosten auftauchen.
Die Verantwortlichen von Warner, die die Band für eine - angebliche - Summe von gut eineinhalb Millionen in ihr Programm holten, hätten sich vermutlich etwas mehr Stringenz gewünscht. Andererseits finden sich durchaus Hits, wie etwa "Leeches" oder "I Dread The Night" - der Rest ist klug gesetzter und anspruchsvoller Hardcore-Musikunterricht, der das oft so eigentümlich müffelnde Genre sicher dem einen oder anderen Kid etwas näher bringen wird.