2008 war der prominenteste deutsche Hollywoodexportschlager im Genre Filmmusik - Hans Zimmer - viel beschäftigt. Er zeichnete nicht nur für "Kung Fu Panda", "Madagascar 2" oder "The Dark Knight" verantwortlich, sondern auch für den neuen Nominierungs- und Kinoknüller "Frost / Nixon", der nun in unsere Lichtspielhäuser kommt. ~ Kati Hofacker (teleschau) aufklappen »
1977 war es eine Überraschung, dass sich Ex-US-Präsident Richard Nixon nach drei Jahren des Schweigens für den windigen britischen Entertainer und Moderator David Frost entschied, um in mehreren TV-Gesprächen über die Spionageaffäre Watergate, die ihn zu Fall brachte, zu diskutieren. Die noch größere Überraschung war es, dass Nixon, dieser unnachgiebige und gewiefte Rhetoriker, von Frost im Zieleinlauf zum Stolpern gebracht wurde - er musste seine Verfehlungen zugeben, obwohl er doch nur auf Rehabilitierung mittels eines vermeintlich unterlegenen Gesprächspartners aus war. Nixon gilt seither als unbeliebtester US-Präsident nach Bush Jr. und ist immer noch der Einzige, der dieses Amt vorzeitig verlassen musste.
2007 machte es die Runde, dass sich Ron Howard ("A Beautiful Mind") dafür gewinnen ließ, eben jene TV-Wortduelle als Spielfilm auf die Leinwände zu bringen. Trotz der Tatsache, dass dieser Plot zuvor erfolgreich am Broadway gespielt wurde - ebenfalls mit Michael Sheen und Frank Langella in den Hauptrollen und Peter Morgan an der Drehbuchfeder - war das Unternehmen ein Risiko.
Die Wahl von Hans Zimmer hingegen ist natürlich eine sichere Nummer. Dieser hat sich bei der Komposition des Scores zweckgerichtet und erstaunlich dezent im Hintergrund gehalten - und trotzdem nicht einfach nur sinnloses Basisgewabere abgeliefert. Seine Filmmusik alleine dürfte ohne die hintergründige Spannung, die der Film verbreitet, nicht leicht zu genießen sein, dazu ist wiederum zu wenig Musik vorhanden. Dieses Wenige aber ist exzellent. Es lässt sich die wunderbar traditionelle Arbeit am durchgehenden Leitmotiv loben, ebenso wie die minimalistisch arrangierte Orchestrierung, die Zimmers introvertierte, leise Seite à la "Driving Miss Daisy" zeigt (nur nicht in Dur, sondern in Moll).
Der ansonsten eher für melodramatisch-bombastische, maskuline Heldensymphonien bekannte Komponist überrascht mit knisternd-spannungsgeladener Subtilität. Die Arrangements, die mit experimentellen Trommeln, perkussivem Klavier und Streichern, meist Celli, aufwarten, wirken trocken plus punktgenau und werden unterstützt von einem durchgehenden, an eine Zeitbombe erinnerndem leisen Ticken, das sich durch den ganzen Score zieht. Trotz der zielgerichteten Sparsamkeit und der stark am Hauptmotiv entlangkomponierten Arbeit vermeidet Zimmer jede Art von Monotonie und Gleichklang. Er bewegt sich weit weg von den typischen Zimmer-Markenzeichen, die man sonst von ihm kennt. Trotz der mangelnden Alltagsbrauchbarkeit darf man das Werk also getrost als gelungen bezeichnen.