Wenn ein Musiker - in diesem Falle Ivan alias Huecco - aussieht wie Jack Sparrow mit 30, Gitarre spielt und auf Spanisch singt, dann kann er per se auf ihm zufliegende Frauenherzen zählen. Wenn er dann aber für sein zweites Album "Assalto" auch noch mit dem System-Of-A-Down-Produzenten nach Kalifornien loszieht, um irgendwo zwischen Juanes, Cha Cha, Punk, Rumba und Ska loszurocken, dann wird er die Männerwelt ebenso von sich überzeugen. ~ Kati Hofacker (teleschau) aufklappen »
Rock auf Spanisch kann etwas Schreckliches sein - das haben viele Bands bewiesen, indem sie emotionsvibrierend dramatische Songs röhrten, die hierzulande nicht nur niemand verstand, sondern die dank der bevorzugten Betonung des ersten und dritten Taktteils auch noch gerne holperten und hakten.
Aber Huecco ist anders. Bereits 2006 bewies er mit der Doppelplatin-Single "Pa Mi Guerrera" echtes Potenzial. Und er blieb seiner Linie treu. Einzig der Song "Los tesoros imposibles" erinnert ein bisschen daran, wie Durchschnittsrock mit spanischen Texten klingen kann, doof nämlich. Glücklicherweise aber hat Huecco Neues im Sinn: die Traditionen seiner spanischen Heimat mit den Rhythmen Mittel- und Südamerikas und Rock in Einklang zu bringen. Was ihm bemerkenswert gut gelingt. Egal, ob Country Flamenco tanzt ("Se acabaron las lágrimas" mit der Flamencosängerin Hanna) oder New-Orleans-Sounds à la Willy DeVille mit Cha Cha Cha kokettieren ("Mis bichitos"), ob Rock mit Cumbia fusioniert wie in der grandiosen Single "Reina de los angelotes" oder Salsa mit Punk ("Cerezas") und Green-Day-Rock ("El burro de Mayabe") verquickt wird - Huecco gelingt hier ein fröhlicher und auch schwieriger Spagat. "Se me olvidó olvidarte", ich habe vergessen, dich zu vergessen, knattert fröhlich im High-Speed-Ska-Beat, "Si me ayudas a volar" fliegt rasant im Flamencorhythmus mit Rockgesang, und "Tô morrendo por você" reißt auch noch den letzten Sesselsitzer mit schnellen Bossa-Beats auf die Tanzfläche.
Engagierte Texte, die Gewalt gegen Frauen verdammen oder Soldaten zum Desertieren ermutigen, sorgen für die nötige Tiefe, ebenso wie die langsameren Tracks: "Mirando al Cielo" mit einem Pachelbel-Intro erinnert daran, dass Hueccos Producer Thom Russo nicht nur mit System Of A Down und Audioslave, sondern auch mit den lyrischen Spanischrockern von Maná im Studio war. Das liebliche "Je pense à tes yeux" passt mit seinen Geigen und seinem Sechser-Rhythmus problemlos auf den "Amélie"-Soundtrack, ebenso wie das viel zu kurze instrumentale "Assalto" mit seinen (echten) melancholischen Celli und Violen. Viele Killer, wenige Filler, Huecco könnte für die spanische Musik das werden, was Gogol Bordello für die Töne vom Balkan ist - Wegbereiter, Weiterentwickler, Spaßgarant.