Advent, Advent, ein Lichtlein brennt. Erst eins, dann zwei, dann drei, dann vier, dann stehen Il Divo vor der Tür. Pünktlich zu Weihnachten schmalzen und zittern sich die vier Schönsänger und Gutmenschen mit "The Promise" wieder in die Herzen und unter die Christbäume wehrloser alter Damen und willenloser Kitschopfer. ~ Kati Hofacker (teleschau) aufklappen »
Dass aus Opernarien Popschmalz entstehen kann, weiß man seit das Wort "Crossover" für niederträchtige Zwecke missbraucht wurde. Und die Opfer dieser Schandtaten, längst verstorbene Komponisten nämlich, können sich eben auch durch heftiges Im-Grabe-Umdrehen nicht mehr bemerkbar machen. Selbst drei berühmte Tenöre, deren Namen wir hier nicht nennen mögen, haben sich für diese Stilwidrigkeiten am Rande der geistig-kulturellen Dünnflüssigkeit hergegeben und sich damit so mancherlei Respektskredite verspielt.
Dass aber Popschmalz sich wie Opernarien gerieren kann, das beweisen Il Divo Jahr für Jahr, das letzte Mal in der Adventszeit 2005 mit "Christmas Forever" und 2006 mit "Il Divo Siempre". Man fragt sich, ob die vier Jungs Weihnachten 2007 eigentlich verpasst haben. Vermutlich wollte die Tenor-Boyband aber nur zum ganz großen Schlag ausholen. Und ihre Hörer mit ihren schmachtenden Vibrato-Orgasmen und Selbstmitleidswimmereien endgültig zum Wahnsinn treiben.
Das war zwar kaum vorstellbar, ist ihnen aber gelungen. Nicht nur die üblichen Ingredienzen wurden genutzt: Kitsch, Schwulst, Pathos, Bombast, barocke Überladenheit und Übersteigerung sämtlicher Tempi, Instrumentierungsvorschläge oder auch Crescendi und Decrescendi. Alleine diese lassen die Zehennägel des Klassikfreundes so hoch steigen wie die Herzen oben erwähnter wehrloser alter Damen. Was aber noch finsterer ist, ist die an absolute Bösartigkeit grenzende Auswahl der Songs.
Insgeheim hören nämlich auch üble Beckmesser wie der, den Sie soeben lesen, ganz gerne mal Lieder wie "The Power Of Love", Leonard Cohens "Hallelujah", Aznavours "She" oder sogar Abbas "The Winner Takes It All". Wenn dem kritischen Hörer aber während der gepantschten Versionen der männlichen Diven plötzlich Tränen in die Augen schießen, weiß dieser gar nicht mehr, ob es nun Tränen der Sentimentalität ob der schönen Melodie oder die der Wut über Il Divo sind. Oder die des Entsetzens darüber, dass einem die Tränen der Rührung aufsteigen würden, würde man es ihnen erlauben. Aber man kann immerhin darüber weinen.
Unglücklicherweise packten die vier Seufzbrüder aber auch noch Lieder von Schmacht-Komponisten wie Andreas Romdhane oder Jörgen Eloffson dazu, sonst hätte am Ende noch ein zwar komplett verkitschtes, aber doch anständig ausgesuchtes Album aus "The Promise" werden können. So aber - und spätestens nach "Amazing Grace" - macht sich wieder das blanke Entsetzen breit. Oder um es kurz zu machen: "The Promise" entpuppt sich als extrem faules Versprechen.