"Emotion & Commotion" wird nicht allen schmecken. Aber welche jüngere Jeff-Beck-Scheibe tat das schon? Und ist das überhaupt der Anspruch eines Meister-Gitarristen, der vorrangig in Musikerkreisen die Aufmerksamkeit erhält, welche ihm zweifelsohne zusteht? Es darf wieder gestritten werden. ~ Alexander Diehl (teleschau) aufklappen »
Die letzten Studiotaten "Jeff" und "You Had It Coming" fanden Anfang des Jahrtausends statt und waren musikalisch meilenweit von "Emotion & Commotion" entfernt. Dennoch kommt die Lust am ruhigeren Spiel nicht ganz unvermittelt. Der vor einem Jahr erschienene Mitschnitt "Live At Ronnie Scott's" ließ den Kurs erahnen.
Dass dieser jetzt so rigide umgesetzt wird, erstaunt. Er würde sein Spiel "zum banalen Melodieträger" reduzieren, schimpft die "Süddeutsche Zeitung". Beck selbst erzählt der "Financial Times", das von Steve Lipson und Trevor Horn produzierte Album wäre etwas "für ältere Menschen, die gerne friedliche Musik hören". Augenzwinkern, obgleich in der Tat außer "Hammerhead" kaum ein Beitrag als Rocker durchgeht.
"Lilac Wine" mit Imelda May oder das in sich ruhende "Never Alone" lassen den geneigten Hörer jubeln. Dieser definiert sich als Gitarrenfreund, den ein 64-köpfiges Orchester nicht in die Flucht schlagen kann. Er verehrt den Grammy- und "Hall Of Fame"-geadelten Star nicht einzig aufgrund seiner Yardbirds-Vergangenheit und einiger bahnbrechender Platten in den 70er-Jahren. Veröffentlichungen wie "Jeff Beck's Guitar Shop" sind für ihn ebenso von Bedeutung.
Dieser Hörer wird auch die roten Tücher geflissentlich übersehen. "Nessun Dorma" und "Somewhere Over The Rainbow" gehen als Vorlagen eigentlich gar nicht. Sie kommen unter das Saitenmesser, wobei eine Interpretation der letzteren Nummer bei vielen schon im Rahmen des "Official Bootleg USA '06" im Regal stehen dürfte. Auch die Eröffnungs- und Schlusstitel ("Corpus Christi Carol", inspiriert von Jeff Buckley, und "Elegy For Dunkirk" aus dem Film "Atonement") ziehen in Richtung des Breitwandkinos amerikanischer Machart mit Tränenserum, während die beiden Nummern mit Joss Stone ("I Put A Spell On You", "There's No Other Me") versöhnlich stimmen. Jeff Beck hat es wieder einmal geschafft zu polarisieren. Und er hat es geschafft, der unberechenbare Meister der Gitarre zu bleiben.