Wer "After Midnight" oder "Cocaine" geschrieben hat, so wie JJ Cale, der ist per se eine coole Sau. Dass so ein vorbildhafter Anti-Star dann auch noch 70 werden kann, ohne auch nur ein Jota seiner Lässigkeit einzubüßen, das beweist er mit seinem neuen Album "Roll On". "Er ist unser Held", schwärmt der US-"Rolling Stone". Zu Recht. ~ Kati Hofacker (teleschau) aufklappen »
Nicht nur deshalb, weil JJ Cale einer der berühmtesten und gleichzeitig bodenständigsten Musiker ist, die derzeit den Erdball bevölkern. Sondern auch einfach wegen seiner grandiosen Musik. Auf diesem ersten Soloalbum seit fünf Jahren zeigt der Tausendsassa, der hier die Gitarre und fast alle anderen Instrumente schwingt, wie gekonnte Reduktion funktioniert.
Kein Wunder, er hatte 50 Jahre und 15 Alben lang Zeit, diesen gewollt ungewollten Stil zu trainieren. Erst 2006 erntete er für das mit Eric Clapton gemeinsam erstellte Album "The Road To Escondido" seinen ersten Grammy und Mehrfachplatin. Seine Fans dachten eigentlich, dass das seine letzte Arbeit vor der Rente sein könnte. Weit gefehlt. JJ Cale knüpft in diesem neuen, sparsamen und unendlich lockeren Album an die früheren Sounds an und fügt Neues hinzu.
Zwar befleißigt sich Cale immer noch des von ihm als Do-It-Yourself-Sound bezeichneten Sammelsuriums an Gitarre, Bass, Drummachine und Synthesizer, denen er versucht, natürliche Klänge zu entlocken - schließlich ist er schon immer Mixer und Tontechniker. Aber diesmal meint er es ernst damit. Als er Anfang der 70-er anfing, aufzunehmen, handelte er aus Geldmangel. "Inzwischen, wo ich Sessionmusiker bezahlen könnte, habe ich immer noch Spaß daran. Es ist einfach eine Kunstform für sich". So erinnert "Where The Sun Don't Shine" in seiner wundervollen Trägheit noch an an "Cocaine", der Titeltrack (einer der wenigen mit Gästen) "Roll On" mit Eric Clapton und Drummer Jim Keltner bezeichnet Cale selbst als eine "Chuck Berry Imitation", und "Fonda-Lina", einer der vielen Songs über verlorenen Frauen, nimmt Bezug auf "Travellin' Lights".
Anderseits sind aber auch neue JJ-Töne vernehmen. So gibt er den scattenden Jazzsänger auf "Who Knew", greift auf "Former Me" ebenso jazzy in die Pianotasten und "Strange Days" wartet mit ungewöhnlichem Banjo auf. Trotzdem bleibt JJ Cales Personalstil bewahrt. "Down To Memphis" shuffelt im lässigen Tulsa-Sound, die Stimme wie ganz früher vornehm - bis unhörbar - zurückgenommen. Und "Leaving The Morning" mit Slide-Guitar und Gesang wie aus einem Umzugskarton, ist vermutlich bewusst wohnzimmerartig aufgenommen.
JJ Cale ist eine Legende, der als Songwriter Kollegen zu Monsterhits verhalf, Santana, Eric Clapton, Johnny Cash, The Band und andre profitierten von seinem Einfallsreichtum und seinem eleganten Understatement. Und auch wenn er sich als DIY-Musikant und schlechten Sänger bezeichnet, inspirierte seine ureigene Vortragsform unzählige Musiker, von Neil Young über Mark Knopfler bis hin zu Bryan Ferry. "Roll On" wirkt alterslos, unendlich leger, natürlich und gekonnt sorglos.