Live from Nowhere in Particular

Als er zwölf Jahre alt war, ging er mit B.B. King auf Tour. Jetzt ist er auf dem Weg, selbst zur Ikone zu werden. Indem er das Kind seiner Zeit bleibt, den Blues an den Ohren zum Rock zieht und damit seinen unterhaltungsmusikalischen Wert auffrischt. Aus dem Lager der Puristen dringt Zähneknirschen, aber bitte: Er wuchs in den Jahren auf, in denen die Glanz-und-Gloria-Virtuosen den Markt überfluteten. Das macht die Tiefe von Alben wie "You And Me" und "Sloe Gin" nur noch beeindruckender.

Wirklich sympathisch an dem Mann ist seine Offenheit, die sich auf der Doppel-CD "From Nowhere In Particular" über ein breites Spektrum legt. Im Opener "Bridge To Better Days" wird Deep Purple zugezwinkert, das Meisterstück "Woke Up Dreaming" weckt Erinnerungen an akustische Hexereien vom Schlage "Friday Night In San Francisco". Bei den Fremdkompositionen stehen Namen wie Alvin Lee, Paul Kossoff oder Ian Anderson in Klammern. Sein prononciertes Spiel wendet sich neben den üblichen Bluesheroen auch einem Eric Johnson, einem Rory Gallagher, ja, selbst einem Gary Moore zu. Und sein hoch geschätzter Produzent Kevin Shirley hat rockmusikalische Schwergewichte wie Led Zeppelin und Aerosmith auf seiner Liste.

Joe Bonamassa ist keiner, der Einflüsse negiert und sich als alleiniger Gewinner auf das Treppchen stellt. Er führt weiter, was zwischenzeitlich aus der Mode kam und nun, in Zeiten von jungen Superstars am Fließband, wieder zu schätzen gelernt wird: mit verdammt viel Fleiß und einigem Mut das Erbe aufzugreifen und anschließend nicht zu rennen, sondern das kostbare Gut vorsichtig in die eigene Höhle zu verfrachten.