John Mellencamp hat sich emanzipiert: Von den Springsteen-Vergleichen, die ihn vor allem während seiner ersten Karrierejahre begleiteten, entfernte er sich rasch und versuchte sich stattdessen an etwas schöngeistigerem Folkrock. In den USA wurde er damit zum Star - in Deutschland verkauften sich Alben wie der Genre-Meilenstein "The Lonesome Jubilee" (1987) dagegen nur mäßig. So ist Mellencamp seit 30 Jahren nicht unbedingt ein Geheimtipp, aber doch jemand, der einen sehr eng umrissenen Käuferkreis anspricht. "No Better Than This" dürfte daran wenig ändern - denn auch wenn die Geschichte der Platte eine spannende ist: Musikalisch ist kein besonderer Bruch zu den Vorgängern festzustellen. ~ Jochen Overbeck (teleschau) aufklappen »
Mellencamp nahm die Songs, die er zuvor in einer nicht einmal 14 Tage andauernden Tour de Force geschrieben hatte, nicht wie früher im Tonstudio auf - sondern arbeitete an ihnen dort, wo er sich nun einmal aufhielt, während er gemeinsam mit Willie Nelson und Bob Dylan im Sommer 2009 Konzerte spielte. Wobei das nicht ganz richtig ist: Er suchte sich dort, wo er gerade spielte, Orte aus, an denen musikalisch gesehen einmal etwas passierte. Etwa die Sun Studios in Memphis - hier arbeiteten Elvis Presley, Johnny Cash und Carl Perkins - oder jenes Zimmer im Gunter Hotel in Los Angeles - es war die Nummer 414 -, in dem der legendäre Blueser Robert Johnson 1936 seine ersten Stücke aufnahm. In der First African Baptist Church in Savannah, Georgia, spielte er nicht nur einen Song ein, sondern ließ sich auch noch taufen.
Eine Herzensangelegenheit also. Und da hört man bei jedem Ton dieses Albums. Nun kann man natürlich darüber diskutieren, ob sich der Rock'n'Roll-Spirit eines bestimmten Momentes wie Radioaktivität in den Wänden festsetzt und so auch geografisch verortbar bleibt. Eines ist aber schon richtig: Gemeinsam mit seinem Produzenten T Bone Burnett zeigte Mellencamp an allen Entstehungsorten angemessene Demut - und diese Demut meint man den Stücken durchaus anzuhören.
Burnett, der selbst auch ab und an zur Gitarre greift, lässt den einzelnen Instrumenten viel Raum. Er lässt ihnen aber vor allem jenes Knarzen, jene Rumpligkeit, die der Platte so viel Reiz verleiht und die gut zu Mellencamps Stimme passt - die knarzt und nuschelt nämlich auch. So entstehen eindringliche Songs im Niemandsland zwischen Blues und Country, zwischen Soul und R'n'B. Wohl am schönsten: das an Bob Dylan erinnernde "Easter Eve", das in den Sun Studios entstand und der beschwörende Blues "Right Behind Me" mit seinen Katzenjammer-Streichern. Eine in erwähntem Hotel aufgenommene Hommage an Robert Johnson.