Fast schon eine klassische Web 2.0-Erfolgsgeschichte: Im durchaus zarten Alter von 13 Jahren stellt Justin Bieber seine ersten Videos ins Netz - Cover von Justin Timberlake, Ne-Yo und Stevie Wonder. Millionen Youtube-Clicks später werden Plattenfirmenvertreter auf den jungen Kanadier aufmerksam, R&B-Superstar Usher nimmt das Gesangstalent unter seine Fittiche. Jetzt, mit 15, erscheint nach ersten Erfolgen mit der Single "One Time" sein Debütalbum. "My World" will Justin dort vorstellen, jene ist aber noch ziemlich überschaubar. ~ Stefan Weber (teleschau) aufklappen »
Denn mit gerade mal acht Songs und einer halben Stunde Laufzeit fällt das Album doch recht kurz aus. Von seiner ausgegebenen positiven, uramerikanischen "Botschaft" ("Du kannst alles erreichen, wenn du mit dem ganzen Herzen dabei bist", lässt er sich im Presseinfo zitieren) abgesehen, ist seine Weltsicht doch reichlich begrenzt. Eigentlich drehen sich alle seine Songs, bei denen er teilweise als Co-Autor angegeben wird, nur um ein Thema: Mädchen.
Das ist für einen 15-Jährigen eigentlich ja auch nicht weiter verwunderlich und im Falle von "One Time" etwa sogar ganz süß. Reichlich komisch wird die Sache allerdings, wenn Justin sich mit seinen Dancefloor-R&B-Songs nicht nur musikalisch an seinen Vorbild Ne-Yo und Mentor Usher anlehnt und sich in einem Song wie "Bigger" selbst zum Herzensbrecher ernennt. Und die unbedingte Coolness eines "Ladies Men" und das ziemlich unerschütterliche Selbstbewusstsein, die der Jungspund stets durchhören lässt, wirken spätestens nach drei Songs einfach nur ziemlich ärgerlich. Apropos: So lieblos wie Justin und seine Produzenten den "Romeo & Julia"-Hit "Lovefool" von den Cardigans zu "Love Me" verwursten, dürften sich bei jedem Hörer jenseits des Teenageralters die Zehennägel aufrollen.
Aber der Niedlichkeitsfaktor - auch seiner Stimme - ist eben extrem hoch, die Songs sind passgenau auf junge Pophörer zugeschnitten. "My World" dürfte zu einem ziemlichen Erfolg werden. Fragt sich nur, was in Zukunft passiert: Rein optisch wird Justin sicher auch noch in fünf, zehn Jahren knuddelig und süß wirken. Aber ob der Stimmbruch auch so gnädig ist ...