One of the Boys

"Ich küsste ein Mädchen - und es fühlte sich verdammt richtig an", tönt Katy Perry durch alle Kanäle. Mit dieser harmlosen Aussage plus einer ersten US-Single "Ur So Gay" trat sie eine Kontroverse in den USA los, die sämtliche gewiefte Promo-Manager verzückt die Hände reiben ließ. Denn wie sonst schafft man es, mit so fröhlich-mainstreamigem Bubblegum-Poprock die Medien als politisch unkorrekte Skandalnudel zu erschüttern? Vor allem, da das erste Album der Pastorentochter "Katy Hudson" ausschließlich in christlichen Zirkeln Beachtung fand und mehr als öde war. Im Video zu "I Kissed A Girl" allerdings wird weniger politisch unkorrekte sexuelle Befreiung propagiert, als schwüle Männerfantasien befriedigt. Das Übliche halt. Feuchte Lippen, Rumgefummel, Räkeleien, gähn. Das erinnert an einen weich gespülten Abklatsch von Madonna, nur im College- und Mainstream-Poprock-Genre.

In der Musik bleibt Katheryn Elisabeth in einer Art altbackener Starre. Obwohl sie sich von Fiona Apple inspirieren ließ und den Alanis-Morissette-Schreiber Glenn Ballard zur Seite hatte, kommt bei ihren Songs kaum mehr als 80er-Jahre-Rockkost mit 90er-Collegegirl-Attitüde heraus. Die beiden "Skandal"-Singles sind dabei die besten Nummern. Das ansonsten oft stimmlose Gehauche von Perry, das pubertär Freche, die süße rosa-hellblaue Website und das noch entzückendere End-Fourties-Styling auf dem Cover zeigt denn auch, für welches Klientel die Scheibe gemacht ist: für stilunsichere heranwachsende Mädchen aus Mittelklassehaushalten, die aus dem Avril-Lavigne-Fanlager gelockt werden sollen. Tja, einen Nummer-eins-Hit hat ihr dieses Kalkül bereits beschert. Und das, obwohl sie nicht mal blond ist.