Keith Emerson? Nie gehört? Dieser Ausnahmekünstler gilt als eine der Lichtgestalten der Progrockgeschichte. Diese nämlich schrieb er als Keyboarder und Pianist maßgeblich mit, zuerst bei The Nice, später mit seinen Bandkollegen Greg Lake (King Crimson) und Carl Palmer (Atomic Rooster) als Emerson, Lake & Palmer, kurz ELP. Nun ist der 63-jährige, skandalfreie und immer noch fesche Herr Emerson als "Keith Emerson Band Featuring Marc Bonilla" wieder da. ~ Kati Hofacker (teleschau) aufklappen »
Was hat man sich gestritten über das Klavierspiel des virtuosen Tastenteufels. Die neue Seite der Klassik, die Fortsetzung des Jazz, freuten sich die einen. "Hauptsache schnell und sonst nix", schimpften die anderen und bezogen sich dabei auf Emersons Eigenart, sich in seinen Soli der klassischen Klavierliteratur zu bedienen und diese im Zeitraffertempo durchzunudeln.
Emerson avancierte zum Mister Hammond und Meister Moog schlechthin, sein Spiel machte Schule und irgendwann - nach unermesslichen Erfolgen und sechs Platin-Longplayern von 1970 bis 1979 - trennten sich ELP. Nicht ohne vorher bahnbrechende Neuerungen in der Musik einzuführen, die Klassik, Moderne, Avantgarde, Pop und Jazz vereinten. Danach wurstelte jeder alleine weiter, verlor sich aber in den Wave-Zeiten der 80-er. Soloversuche, Akustik- und Klassik-Ausflüge, ein bemerkenswertes Revivial von ELP ("Black Moon", 1992) und Filmmusiken prägten Emersons Werdegang bis zur Gründung seiner Emerson-Band in den 90-ern, brachten aber nie mehr den alten Erfolg.
Auf seinem neuen Album zeigt sich Emerson wieder ganz als Verfechter des klassischen Progrock. Gemeinsam mit seinem 98er-Weggefährten, dem Sänger und Gitarristen Marc Bonilla, lässt er die alten Zeiten der 70-er wieder auferstehen. Elegische Melodien, dramatische Harmoniewendungen, die mit ernsthafter Akademiker-Attitüde nebst temperamentvollen Ausbrüchen vorgetragen werden, beherrschen die streckenweise instrumentalen, akribisch durchkomponierten Tracks. Rhythmische Elemente aus dem Jazz mit seinen gebrochenen Zähltakten liefern die untanzbaren Beats à la Gentle Giant. Es dudelt die Hammondorgel, jault die E-Gitarre, Tony Pia am Schlagzeug und Bassist Travis Davis geben ihr Bestes, dann wieder dominieren das Klavier und die akustische Gitarre (wunderschön: "A Place To Hide"). Schließlich kann man ja was. Zum Beispiel Eric Satie eins zu eins nachkomponieren ("Prelude To Hope"). Es kommt einem vor, als wären die letzten 35 Jahre gar nicht passiert. Das mag man gut finden oder auch nicht. Emerson ist und bleibt Emerson. Ein Dudler halt. Ein Guter.