Schenkt man den Umfragen Glauben, so sieht es nicht schlecht für Korn aus: 72 Prozent der Mitglieder einer englischsprachigen Bandseite bewerten ihr neues Album als "das beste seit Langem". Auf der deutschen Kornwelt-Seite läuft die Abstimmung nüchterner ab. Schulnoten werden verteilt, im Moment klickt jeder Zweite auf "Gut". Kein Wunder, bei einer Platte, die sich "Korn III - Remember Who You Are" nennt. ~ Alexander Diehl (teleschau) aufklappen »
Erinnerungen. Wer zum Teufel bin ich? Jonathan Davis. Vorsteher eines Haufens namens Korn. Als Nu-Metal-Pioniere werden sie bezeichnet, Mitte der Neunziger sorgten sie für neue, harsche und auch irritierende Töne. 2005 dann, im Interview zu "See You On The Other Side", verkündete er: "Wir sind eine brandneue Band. Für uns ist alles möglich. Ich liebe Veränderungen. Ich will vorangehen, will machen, wozu ich Lust habe."
Vorangehen. Wer nun ihr neues Album hört, könnte auf den Gedanken kommen, dass Korns Weg am Ende wieder am Anfang ankommt. Denn nachdem die letzten Alben nicht allerorts auf Gefallen stießen, legen sie jetzt nach. Kopf runter. Propeller an. Bass knackt. "Oildale (Leave Me Alone)" oder "Fear Is A Place To Live" mit seinen umnebelten Chorus-Schwaden und dem ansteckenden Groove sind dampfende Seligmacher für das dürstende Publikum.
Ebenfalls zu den besseren Momenten zählen die letzten beiden Nummern, bei denen das Nervenseil ständig zu reißen droht. Zum Ende von "Are You Ready To Live" meint Jonathan Davis mit zerbrechlicher Stimme: "All I do is give". Seine Anhänger haben noch lange nicht genug bekommen. Die Bakersfield-Herren dürften bewusst in Kauf genommen haben, dass außerhalb der Fanbasis auch Kritik aufkeimt. Obwohl Altproduzent Ross Robinson hinzugeholt wurde, obwohl Geschichten von Tränen und Rückbesinnung kursieren, ist es doch schwierig, hinter den Bergen hervorzuschauen, welche die Band einst mit ihren ersten Platten selbstständig versetzte. Auf der deutschen Fansite zücken nur 26 Prozent die Höchstnote, die englischen Kollegen geben einem nicht einmal die Möglichkeit, "Remember Who You Are" als sinngemäß "bestes Korn-Album überhaupt" zu bewerten. Das ist es auch nicht geworden. Eher ein neuer Startpunkt. Ein gelungenes Abschiedsfest vor der nächsten Reise. Es kann losgehen.