Allabendlich standen die Waffen still, wenn im Soldatensender Belgrad das Lied erklang. Um kaum einen anderen Song ranken sich so viele Mythen wie um "Lili Marleen" und dessen erste Interpretin, Lale Andersen. Wegen des depressiven Charakters von den Nazis verboten, wurde es nach einem Proteststurm von der Front umgehend wieder ins Programm aufgenommen. Und dann wurde aus dem kleinen Lied ein echter Weltkriegshit, sogar bei den Alliierten. Die sentimentale Ballade traf die Herzen der Soldaten aller Nationalitäten. Klar, dass Bear Family Records eine umfassende Werkschau der frühen Lale Andersen "Wie einst Lili Marleen - Aufnahmen 1935-1953" nennt. ~ Andreas Fischer (teleschau) aufklappen »
Obwohl die 1905 geborene Sängerin (Tod 1972) aus Bremerhaven das Lied nicht einmal besonders mochte, war sie auf der ganzen Welt vor allem "the original singer of Lili Marleen". In vier Versionen ist das Lied auf der exzellent recherchierten und umfangreichen Sammlung - auf drei CDs finden sich 87 Songs - enthalten, darunter einer bilingualen Variante aus dem Jahr 1949. In Englisch und Deutsch gesungen, vereint diese Version die ehemaligen Feinde.
Eine schillernde Figur, eine schöne und vielfach verehrte Frau und eine großartige Sängerin - das alles war Lale Andersen zu ihrer Zeit. Und mehr als das, was "Lili Marleen" projizierte. Ein Star, der in den 30er-Jahren unter den Nazis die Karriere fortsetzte, gleichzeitig aber in Kontakt mit jüdischen Freunden blieb, Befehle verweigerte und nur knapp dem Konzentrationslager entkam. Dabei wollte die stets etwas unsicher wirkende Frau, die vor ihrer Karriere in erster Ehe drei Kinder gebar, nur der Sehnsucht folgen. In den Seemannsliedern, den Shanties, den maritimen Schlagern - mit einer ungekünstelten, starken Stimme vorgetragen, die im Gegensatz zu den inneren Turbulenzen stand, die Lale Andersen vor allem ab den 40er-Jahren erschütterten.