Homeland

Laurie Anderson und der Ex-Velvet-Underground-Frontmann kennen sich bereits seit Jahrzehnten aus der New Yorker Kunstszene, aber erst 2008 heirateten beide - nach jahrelanger Beziehung. Warum dies alles erwähnenswert ist? Weil natürlich Lou Reeds Produzententätigkeit auf der erste Anderson-Platte seit "The Record Of The Time" (2003) ihre Spuren hinterlassen hat. Aber eine glatt gebügelte Pop-Platte wird man von der Multimedia-Künstlerin ohnehin nicht erwarten.

Live begleitet Reed seine Frau gerne mit experimentellen Synthie-Gitarren: Auf "Homeland" ist die "Musik" (ja, in Anführungsstrichen!) zu Andersons eher gesprochenen und gesummten denn gesungenen Texten stets eher nur ein waberndes Hintergrundphänomen, zu dem Obertonsänger und Igil-Spieler aus der autonomen Republik Tuwa in Sibirien gleichermaßen ihren Beitrag leisten dürfen, wie Jazzer und Rocker aus New York, zum Beispiel John Zorn mit dem Saxofon.

30 Jahre im Musikgeschäft, immer jenseits des Vorhersehbaren, immer mit einem Bein im progressiven Jazz stehend, ist Anderson bewunderte wie ignorierte Künstlerin zugleich. Kein Wunder: Ihr Sound ist auch auf "Homeland" wieder ein schwer zu umschreibendes Klangkonstrukt, dessen Texte inhaltliche Schwere, Gesellschaftskritik und Häme transportieren und damit sicherlich mehr Tiefgang haben, als man einem solch vermeintlich kunstvollen Arrangement zunächst wahrscheinlich zutrauen möchte.