Wer seinem vierten Album den sperrigen Titel "Leaving Wonderland ... In A Fit Of Rage" gibt, der muss viel Muse und Muße haben. So wie Marcy Playground, die sich fünf Jahre Zeit genommen haben, ein neues Werk auf den Markt zu bringen. ~ Kati Hofacker (teleschau) aufklappen »
So richtig bekannt wurde die New Yorker Rockband mit ihrem 1997er-Erstlingshit "Sex And Candy", ein smoother, gemütlicher, dezent hinterfotziger Song aus dem Erstlingsalbum "Marcy Playground". Tja, und danach galten Marcy Playground hierzulande als One-Hit-Wonder, trotz treuer Fans, die sie weiterhin vergötterten. Mit den Alben "Shapeshifter" und "MP3" wurde die Band stets weniger poppig, mehr Indie, rauer, knorriger, schräger und rockiger. Was ihnen den großen Erfolg wohl ersparte. Und an sich wollte Frontmann John Wozniak, der inzwischen mit eigenem Studio als Producer in Toronto erfolgreich ist, diesmal wieder ein Soloalbum starten, entschloss aber dann doch wieder mit seinen Kollegen aufzunehmen. Denn: Seine musikalischen Ideen waren von denen der Band gar nicht mehr so weit entfernt.
Eine kleine feine Kursänderung erfolgte, und so haben Marcy Playground jetzt wieder Akustikgitarren ausgepackt, Opas Batterias, ein Klavier und andere akustische Schätzchen. Nicht, dass sie dem Rock abgeschworen hätten, denn in der Bridge von beispielsweise "Gin And Money" brettern die Jungs gehörig dahin, wuchten brachiale Gewitter zwischen die akustisch angelegten Strophen, die sonst mit einer schönen Klaviermelodie punktet. Aber der Rock wird nur noch ausgepackt, um zu beweisen, dass er da sein könnte. Wenn die Band wollte. Bei Songs wie "Star Baby" schrammeln lustige Gitarren à la "If I Had A Hammer" und wechseln sich ab mit Britpop-Ideen und Bowie-Reminiszenzen. Ziemlich kreativ, "I Burned The Bed" wechselt zwischen Grunge und Doors. Charakter gebend aber sind diese klaren, positiven, warmen und folkigen (bis country-affinen) Balladen plus Midtemponummern wie "Irene", "I Must Have Been Dreaming" oder "Thank You".
All diese virtuosen Gitarren und dieser kernig-einsame Charme verleihen dem Album einen besonderen Kick, die typische Traurigkeit und Einsamkeit des Sängers und die schönen Melodien von Marcy Playground bleiben dabei jedoch erhalten. MP bewegen sich damit durchaus wieder in die Richtung ihres größten Hits, klingen aber weniger zuckrig, weniger oberflächlich. Oder ganz einfach: wieder, schöner.