Little Hells

Die Stimme ist Marissa Nadlers wichtigstes Instrument. Ätherisch wie Hope Sandoval von Mazzy Star klingt sie, empfindsam wie die junge Stevie Nicks. Schon das vierte Album befüllt die erst 28-jährige ehemalige Kunststudentin aus Massachusetts jetzt mit ihren gespenstischen gesungenen Geschichten. Wie traumwandelnd führt sie durch die von ihr erschaffene Welt, erzählt von tieftraurigen Liebesgeschichten, von der Trauer um Verstorbene und dem Unglück, das angeblich nur junge Mädchen spüren können. Dass Nadler Edgar Allen Poe ebenso mag wie Leonard Cohen glaubt man ihr sofort. Die sparsame Instrumentierung, die oft als reine Untermalung hinter ihrer Stimme zurücktritt, passt zum Neo-Folk, der in den vergangenen Jahren von Künstlern wie Devendra Banhart und Joanna Newsom kultiviert wurde: Da klingt einmal ein spukiges Theremin, eine Orgel gniedelt, auf der Akustikgitarre wird vornehmlich gezupft.

Produziert wurde "Little Hells" von Chris Coady, der schon für Cat Power, Blonde Redhead und TV On The Radio gearbeitet hat, und vielleicht ist er auch verantwortlich dafür, dass eine Underground-Folk-Platte wie "Little Hells" doch so modern und zeitgemäß klingt, dass sie eben nicht wirkt, als stamme sie aus einer anderen Zeit. "Mary Comes Alive" etwa könnte auch auf der aktuellen Portishead-Platte zu finden sein. Dieser Stimme darf man also ruhig folgen. Ein kalter Hauch kann ja auch gut tun. Und traurige Musik macht meistens froh.