Den Eindruck konnte man schon zu Beginn seiner Karriere gewinnen: Hinter Devandra Banhart steht vielleicht weniger eine neue musikalische Ausrichtung als vielmehr eine neue Arbeitsauffassung, ein integratives Kommunenkonzept für freiheitsliebende Künstler. Um den bärtigen Neo-Hippie mit venezolanischen Wurzeln schart sich in Los Angeles derzeit ein ganz beachtliches Kollektiv, das man mit Blümchen-Americana nicht unbedingt in Verbindung bringen würde. So engagierten sich Banhart und Freunde zuletzt für das tiefenentspannte Seitenprojekt Little Joy von Strokes-Drummer Fab Moretti. Der revanchiert sich nun bei Megapuss - einer Spontankollaboration, die Banhart im Kern mit Priestbird-Percussionist Greg Rogove bestreitet. ~ Jens Szameit (teleschau) aufklappen »
Wenn sich Banhart und Rogove nun nackt und bewaffnet auf dem Cover ihres Albums wie ein verdoppelter Jonathan Meese präsentieren, ist jedem Anflug von naiver Flowerpower gleich einmal der Garaus gemacht. Auf "Surfing" herrscht psychedelische Anarchie, blasphemisch, sexuell und explizit wie die Hippie-Bewegung der 60-er nie war. Ein paar mehr als brauchbare Stücke wirft das Album obendrein ab. "Crop Circle Jerk '94" punktet mit einem lässigen Space-Riff, Falsett-Refrain und fingerschnippender Dynamik. "Chicken Titz" ist eine alberne und dennoch ergreifend schwerelose Gitarrenpsychedelik - clever wie The Velvet Underground, schmachtend wie Roy Orbison. Und mit dem schönen "Sayulita" flüstern Megapuss eine Art Schlaflied für Astronauten.
Dass der Spaß an der Sache einer verkniffenen Qualitätskontrolle vorgezogen wurde, darf man wohl als künstlerisches Konzept begreifen. Und den größten Spaß bereiteten mutmaßlich die größten Tabubrüche. "A Gun On His Hip And A Rose On His Chest" basiert unverschämt offensichtlich auf dem alten Strangeloves-Hit "I Want Candy". Doch ist diese Dreistigkeit noch nichts gegen Text. "Fuck the government in the asshole", lautet die Losung im nonchalanten Tonfall hier. Mit der Polizei, Priestern, Steuern und weiterem zivilisatorischen Gräuel sei in gleicher Weise zu verfahren. Gemeinsam mit den munteren Penisinstallationen im Artwork der Platte ergibt sich daraus ein schon beeindruckend freigeistiges Gesamtbild, das den Bogen auf die denkbar entspannteste Weise fortwährend überspannt. "We're having too much fun in Hollywood" poltern Banhart und Rogove im durchgeknallten "Theme From Hollywood". Daran könnt's natürlich auch liegen.