Das erste Album nannte sie "Arular" nach ihrem Vater, das zweite "Kala" nach ihrer Mutter. Jetzt veröffentlicht M.I.A. alias Maya Arulpragasam das nach ihr selbst benannte "MAYA". Doch das jüngste Album der Rapperin ist alles andere als ein Teil eines friedlich-freundlichen Familienportraits. Im Gegenteil: "MAYA" ist randvoll mit Verschwörungstheorie und Gesellschaftskritik, aufmerksamen Beobachtungen und Paranoia, witzigen Soundideen und aggressiven Elektro-Beats und Rhythmen aus aller Welt. ~ Sabine Metzger (teleschau) aufklappen »
Der Opener "The Message" gibt den Ton für den Rest des Albums vor. Die einminütige Etüde in Paranoia vermutet Google und die Regierung unter einer Decke und so ziemlich jeden Nutzer moderner Technologien in ihren Fängen. Das folgende "Steppin Up" bohrt sich regelrecht in die Gehörgänge - wortwörtlich: M.I.A. verwendet hier neben fetten Bässen auch eine kreischende Bohrmaschine.
Die erste Single "XXXO" ist nach diesen etwas anstrengenden Angriffen auf die Trommelfelle fast eine Wohltat. Der wohl zugänglichste Track des Albums klingt, als könne er auch von Christina Aguileras kürzlichem Elektropop-Versuch "Bionic" stammen - abgesehen davon natürlich, dass M.I.A. gesanglich nicht mit der Pop-Kollegin mithalten kann. Trotzdem: Auf "Maya" hört man sie noch mehrmals singen, so etwa im entspannten "It Takes A Muscle", dessen karibische Klänge gekonnt billig-kitschig gute Laune verbreiten, oder in "Tell Me Why", das mit satten Drums und einem kompletten Chor protzt.
Doch trotz einzelner freundlicher, melodiöser Momente sind - bei der streitbaren britisch-tamilischen Künstlerin wohl auch erwartbar - die Provokationen in der Überzahl, sowohl textlich als auch musikalisch. "Lovalot" etwa befasst sich mit der Geschichte einer 17-jährigen muslimischen Terroristin, die Anfang des Jahres einen Selbstmordanschlag in der Moskauer U-Bahn verübte. Die Worte "I really love a lot" zieht M.I.A. dabei genüsslich in die Länge, sodass sie sich eher anhören wie "I really love Allah". Der Song "Story To Be Told" kombiniert das Geräusch vorüberfliegender Kampfjets mit orientalischen Klangelementen. Und "Born Free" ist auch ohne das blutig-brutale Video von Regisseur Romain Gavras aufregend genug: Der treibende Beat und eine widerspenstige Performance M.I.A.s machen den Song zu einem vierminütigen Gegenangriff auf alles und jeden.
Insgesamt ist "MAYA" ein sperriges, streckenweise wütendes Album. Ob man Frau Arulpragasam in all ihren Anklagepunkten gegen Regierungen und Gesellschaft Recht geben muss, ist zweifelhaft. Dass ihr Plädoyer zuweilen ziemlich anstrengend ist, wird wohl auch niemand bestreiten. Ebenso sicher ist aber: Langweilig wird es mit ihr nie.