Mann mit der Mundharmonika

Vom Straßenmusiker und Hartz-IV-Empfänger zum Bohlen-Liebling und Chartstürmer, das sind schließlich die Karrieren, die das breite Publikum sehen will. Und RTL mit Michael Hirte par excellence liefert. Die Vergangenheit als LKW-Fahrer, der schwere Unfall, zwei Monate Koma, seitdem auf einem Auge blind und ein kaputtes Bein - mit dieser bemitleidenswerten Lebensgeschichte stellt er sogar den schiefzahnigen Ex-Handy-Verkäufer Paul Potts in den Schatten.

Den direkten musikalischen Vergleich mit dem britischen Tenor verliert Hirte hingegen. Denn dazu ist sein Können doch etwas zu beschränkt. Sein einziges Markenzeichen ist das extrem lang gezogene leichte Tremolo, das er verlässlich jedem der von ihm gespielten Songs aufdrückt. Das führt dazu, dass im Laufe von "Der Mann mit der Mundharmonika" die Songs beginnen, sich immer mehr zu ähneln. Beim auch in der Show präsentierten "Ave Maria" mag man vielleicht tatsächlich noch besinnlich werden, sogar Cat Stevens' "Morning Has Broken" geht als gelungene Interpretation durch. Spätestens die DSDS-Hymne "We Have A Dream" werden nur noch ganz hartgesottene Bohlen- und Hirte-Fans erkennen und hören wollen. Zur Unkenntlichkeit mancher Songs tragen allerdings auch die Alleinunterhalter-mäßigen Weichspülarrangements bei.

Wer die Atmosphäre der vorweihnachtlichen Fußgängerzone auch im heimischen Wohnzimmer genießen will, liegt mit dem Album sicherlich richtig. Wenn das Fest der Liebe vorbei ist und die Boulevardzeitungen keine Hirte-Schlagzeilen mehr (er)finden, dürfte es für den "Mann mit der Mundharmonika" jedoch schwierig werden.