Bei der monatlichen Flut an Plattenveröffentlichungen ist es schwer, den Überblick zu behalten. Zum Glück bleibt der verschrobene Indie-Rock der hierzulande noch unbekannten Band Mock Orange sofort im Ohr hängen, sonst wäre "Captain Love" vielleicht auch unbeachtet geblieben. ~ Klaas Tigchelaar (teleschau) aufklappen »
Dabei gibt es die Band aus Indiana schon mehr als zehn Jahre, ihre erste Platte "Nines & Sixes" erschien bereits 1998. Danach gab es mehrere EPs und drei weitere Platten, die bei uns nur als Import erhältlich sind. Vielleicht ist es aber auch genau der richtige Zeitpunkt für Mock Orange, auf sich aufmerksam zu machen. Denn nach dem schrägen Postpunk mit Indie-Einflüssen der frühen Jahre haben sie sich in der Zwischenzeit kontinuierlich an die große Kunst der perfekten Pop-Melodie herangearbeitet.
Die gepresst hohen Vocals von Sänger und Gitarrist Ryan Grisham sind das Erste, was einem auffällt, nicht unangenehm, aber markant. Drumherum baut sich mit Schrammelgitarren, Chören, unterstützenden Klangerzeugern und einem vertrackten Beat eine stattliche Zitatsammlung auf, die "Sgt. Pepper's" von den Beatles wie auch Pavement, Modest Mouse oder Wolf Parade gleichermaßen berücksichtigt. Ein weiterer Hinweis ist natürlich auch die Tatsache, dass Mock Orange auf dem 2002 erschienenen Sampler "Rock Music: A Tribute To Weezer" neben Dashboard Confessional und Piebald vertreten sind.
Ihre schräge Note haben Mock Orange auch auf "Captain Love" nicht verloren, nur wirkt diese niemals aufdringlich oder bewusst verstörend, sondern verschafft der Band einfach einen äußerst wiedererkennbaren Sound. Herkömmliche Strophe-Chorus-Strukturen werden immer wieder von unerwarteten Breaks oder kleinen, sphärischen Pausen aufgebrochen, trotzdem bleiben die Songs spätestens beim zweiten Hördurchgang im Gedächtnis. So marschiert der Opener "Captain Love" mit Marschtrommeln und einer Mitsingmelodie fröhlich herein und macht den Weg frei für den Riff-dominierten "Song in D" und das quietschig rockende "Supergang", wonach das mit kleinen Melodien voll gestopfte "Motel Man" wieder versöhnlich in eine ganz andere Richtung driftet. Eine Platte voller Überraschungen, die den Horizont des Zuhörers erweitert und ihn gleichzeitig mit einem Haufen Ohrwürmern beglückt.