Fela Kutis Worte "I am much more stronger now" klingen noch nach, als das rhythmische Klatschen einsetzt. Und das Trommeln. Und die Rasseln. Der Groove geht direkt in die Blutbahn. Jede Gegenwehr wäre sinnlos. In dem Moment, in dem sich die lang vermisste Stimme erhebt und beginnt, sich mit unvergleichlichem Flow an den Beat des dreiminütigen Meisterwerks "Quiet Dog" zu schmiegen, sind all die Zweifel beseitigt, die man vor dem Abspielen von "The Ecstatic" hegen konnte: Mos Def ist zurück. Und er ist verdammt gut. ~ Annekatrin Liebisch (teleschau) aufklappen »
Seit Mitte der 90er-Jahre galt Dante Smith als der Einserschüler des HipHop: Wie Jay-Z und Notorious B.I.G. wuchs er in Bedford-Stuyvesant, einer der berüchtigsten Ecken Brooklyns auf, was für einen Plattenvertrag eigentlich schon völlig genügen müsste. Doch im Gegensatz zu seinen Gangsterrap-Kollegen schlug der heute 36-Jährige statt einer kriminellen eine intellektuelle Laufbahn ein: Er studierte experimentelles Theater an der New York University und schrieb zusammen mit seinem Kumpel Talib Kweli ganz nebenbei Raps auf einem Niveau, das Kritiker an eine Reinkarnation der HipHop-Poeten A Tribe Called Quest glauben ließ.
Nur versaute sich Mos Def 2006 seinen tadellosen Ruf mit der Veröffentlichung des halbgaren "True Magic", das nach einem heftigen Krach mit seiner damaligen Plattenfirma nicht mal ein richtiges Cover, geschweige denn irgendetwas Magisches an sich hatte.
Doch nun ist alles vergeben und vergessen: Meisterhaft kombiniert Mos Def Sounds der späten 60-er Jahre mit orientalischen Klängen, Soullegende Marvin Gaye mit der türkischen Künstlerin Selda Bagcan. Abend- und Morgenland, friedlich vereint in fulminanten HipHop-Tracks - eine Vision, für die der vor Jahren zum Islam konvertiere New Yorker sich lyrisch einzusetzen weiß: Das smoothe "The Embassy" umrahmt er mit einer satirischen Pilotendurchsage, in der nicht nur über Sehenswürdigkeiten und Flughöhe sondern auch die Bewaffnung des Boardpersonals informiert wird. Nur ein kleiner Seitenhieb im Vergleich zum kongenialen Beitrag des britischen Geschichtenerzählers Slick Rick, der in "Auditorium" in die Haut eines Soldaten schlüpft und über dessen Erlebnisse im Irak rappt.
Mos Defs Blick für das Wesentliche konnte also auch in der Seifenblasenfabrik Hollywood nicht getrübt werden. Der "Quiet Dog" ist, wie er selbst formuliert, noch immer in der Lage, fest zuzubeißen. Vielleicht nicht mit einer durchweg gleichstarken Intensität, aber doch heftig genug, um die bisher beste Rap-Platte des Jahres auf den Markt zu bringen.