Inmitten aller Garagenrock-, Postpunk- und New-New-Wave-Bands, die Großbritannien in den letzten - ja fast schon zehn - Jahren hervorbrachte, nahmen sich die Mystery Jets wie ein verrückt-verwirrter Haufen aus: Sie erklärten ihre Liebe zu Progrock à la Yes und Genesis, statt musikpolitisch korrekt The Clash oder Joy Division zu zitieren. Ihr Debüt "Making Dense" (2006) war eine äußerst bunte und ungezügelte Pop-Wundertüte. Und nicht zuletzt fielen die Londoner natürlich auf, weil sich im Line-up mit Henry Harrison am Bass tatsächlich der Vater von Sänger Blaine tummelte. All das muss vorausgeschickt werden, um zu verstehen, dass ihr drittes Album demgegenüber fast ein wenig konventionell wirkt. ~ Stefan Weber (teleschau) aufklappen »
Insgesamt nimmt sich "Serotonin" etwas geschlossener, damit aber eben auch gewöhnlicher aus. Gründe dafür mag es viele geben: Vater Henry spielt längst nicht mehr live mit der Band, ist (nur) noch als Co-Autor einiger Songs angegeben. Für Struktur und Stringenz sorgte sicherlich Produzenten-Veteran Chris Thomas (Sex Pistols, Pulp, Paul McCartney), der zum ersten Mal hinter den Reglern saß - und laut Gitarrist William Rees Dinge hörte, "die keiner von uns hört". Als Letztes mag noch der längere Aufenthalt in Berlin angeführt werden, bei dem das Quartett unter dem Decknamen The Crystal Wolf Hunters diverse Geheimkonzerte spielte, um das neue Songmaterial zu erproben und danach zu verbessern.
Ausgereift klingt das Material auf "Serotonin" auf jeden Fall - und immer noch meilenweit vom Jedermanns-Indie-Rock vieler Zeitgenossen entfernt. Auffällig ist dabei eine neu gewonnene Liebe zu diversen (Synthie-)Pop-Manierismen der 80er-Jahre: eine fast schon oberflächlich-gefällige Produktion à la Duran Duran ("The Girl Is Gone"), verschrobene, dennoch eingängige Melodien à la XTC (das locker dahin gepfiffene "Flash A Hungry Smile"), leichter Schwulst-Pop der späten Roxy Music ("Waiting For A Miracle"). An anderer Stelle darf's aber auch konventioneller sein: Die Vorabsingle "Dreaming Of Another World" etwa ist ein solider Indie-Rocksong. Der aber eben auch bei diversen Landsmännern so oder ähnlich klingen könnte.
Insgesamt fehlen jedoch die ganz großen Ausreißer - sowohl nach oben wie auch nach unten. Die einstige Energie der Band, der Überschwang verliert sich dennoch nicht, wird in gesteigerter Konzentration kanalisiert. Ein bisschen schade ist diese Entwicklung trotzdem.