Marie Frederiksson leidet immer noch unter den Spätfolgen des Hirntumors, der ihr vor einigen Jahren entfernt wurde. Deswegen sei es ungewiss, so die Sängerin in einem Interview 2008, zu welchem Zeitpunkt Roxette wieder gemeinsam Musik machen würden. Dieser Umstand hält die männliche Hälfte des Schwedenpop-Wunders, Per Gessle, allerdings nicht davon ab, kontinuierlich Soloplatten wie jetzt "Party Crasher" zu veröffentlichen. Leider. ~ Stefan Weber (teleschau) aufklappen »
Gut, auch Roxettes Poprocksound wirkte auf ihren letzten beiden Studioalben "Have A Nice Day" (1999) und "Room Service" (2001) schon wie seltsam aus der Zeit gefallen. Jetzt gefällt sich Gessle aber zusätzlich noch darin, seine jugendliche Vorliebe für 70er-Jahre-Disco wieder aufleben zu lassen. Oder wie der 50-jährige Songwriter selbst formuliert: "Ich gehöre jener Generation an, wo die Jungs es eher peinlich fanden zu tanzen", so Gessle. "Aber grundsätzlich finde ich, dass man zu fast allem tanzen kann: Ich würde auf 'God Save The Queen' von den Sex Pistols ebenso tanzen wie auf Donna Summers 'Love To Love You Baby'."
Das Problem von "Party Crasher": Bei der Überführung der Disco- und New-Wave-Popversatzstücke kommt Gessle nie in der Gegenwart an, sondern bleibt immer auf halben Weg stecken. 1989 hätte das Album vielleicht noch Kollegstufenfeiern, Junggesellenabschiede, mit seinen langsameren Stücken wie "Sing Along" oder "Breathe Life Into Me" vielleicht auch Schieberpartys gerockt - 2009 wirkt es einfach nur seltsam anachronistisch. "Silly Really" etwa klingt wie ein Mash-Up aus Yazoos "Don't Go" und Ace Of Base "All That She Wants", das mit einigen Gitarrenriffs aufgepeppt wird. Bei "The Party Pleaser" leiht sich Gessle einen Standarddiscofunk-Basslauf, bläht mittels Synthesizer und Akustikgitarre den Song zu einer schlechten Hommage an "I'm So Excited" von den Pointer Sisters auf. Ganz schlimm: Die R&B-Nummer "Stuck Here With Me", in der er sich - schon immer höchstens ein passabler Sänger - an Falsett-Gesang versucht.
Für Gessle steht zu hoffen, dass Marie Frederiksson ihm bald wieder zur Seite steht. Denn mit diesem Album ruiniert er nicht nur jede Party, sondern vor allem seinen Ruf als Hit-Songwriter.