Die Dualität zwischen Song auf der einen und perfekt austarierter Klangfläche auf der anderen Seite war spätestens auf dem vor fünf Jahren erschienenen Housepop-Großwerk "Alphabetical" (2004) das, was Phoenix vom Rest der Popwelt abhob. Dass das vor drei Jahren erschienene "It's Never Been Like These" eben jene Dualität durch eine etwas knackigere, am Indierock andockende Gitarrenorientierung austauschte, mag vom künstlerischen Standpunkt her nachvollziehbar sein - man möchte sich vermutlich als Band nicht ständig wiederholen -, enttäuschte aber dennoch. "Wolfgang Amadeus Phoenix" zeigt nun Traditionsbewusstsein. Jetzt kehrt die Band zum Pop zurück, der gleichzeitig eine herrlich luftige Geste ist und so viel Wert auf seine eigene Schönheit legt, dass er in der Mitte, beim epischen Doppel "Live Like A Sunset" sogar die ambienten Soundbilder eines Brian Eno streift. ~ Jochen Overbeck (teleschau) aufklappen »
Natürlich könnte man hier auch den Vergleich mit den befreundeten und geistesverwandten Air anbringen, so nah wie in diesen sechs, sieben Minuten waren sich die Bands selten. Keyboardloops spielen gegen ein eigenartiges Hintergrundflirren an, New Folk trifft auf Future Funk, was schon von den Begrifflichkeiten her eigenartige Relevanz zeigt. Nach einem Crescendo kommt irgendwann die große Synthiehook, die sich auch in einem Spätsiebziger-Science-Fictionfilm gutmachen würde, schließlich ein bisschen Lärm. Als Erlösung fungiert dann eine Melodie, die Frontmann Thomas Mars verhuscht Richtung Hippie-Pop trägt. Man braucht schon sieben, acht Hördurchläufe, um das einzuordnen.
Der Rest der Songs funktioniert strukturell näher am Pop. "1901" und "Lisztomania", aber auch das trockene "Lasso" schaffen den Spagat zwischen großer, festivaltauglicher Inszenierung und dem kammermusikalischen Anspruch, den der Titel impliziert und der sich vor allem in den gewitzten Arrangements findet, für die zu großen Teilen House-Vordenker Philippe Zdar (Cassius, Motorbass) verantwortlich zeigte. Dass die Band aus Frankreich kommt und Englisch nicht unbedingt ihre Alltagssprache ist, wirkt da als zusätzliches Brennglas, weil es Mars' Stimme von ihrer Rolle als Informationsgeber, als Mitteilungstool befreit und stattdessen ohne großes Aufheben in den Instrumentenpark einreiht, der diesmal vor allem in Sachen Tasteninstrumente gewitzt zusammengestellt wurde. Vom klassischen Analog-Synthie über die Orgel bis hin zum Harpsichord findet sich da alles, was eigentümlich schwingen kann.