Es geht bei Ryo um den Groove. Das an sich ist keine große Neuigkeit, es geht ja oft um den Groove. Zu oft möchte man manchmal meinen. Denn immer dann, wenn sich Pop mit deutschen Texten Richtung Funk bewegt, droht ein Kippen ins Muckertum, in an Proberäume erinnernde Jams, in viel zu lange und viel zu laute Bassläufe. Doch der Halbjapaner Ryo - übrigens auch der Name einer japanischen Goldmünze - umschifft auf "So gesehen unmöglich" jede Redundanzinsel. ~ Jochen Overbeck (teleschau) aufklappen »
Vielleicht kein Wunder, schließlich hängt Ryo oft genug mit einem ab, der der Rhythmik, Rap-Roots und sinnliches Songwriting früh zu einem ebenso erfolgreichen wie sinnigen Mix verband: Clueso ist einer seiner Freunde, gemeinsam teilt man sich als musikalische Heimat den Erfurter Zughafen. Doch Ryo hängt ein Stück weniger dem klassischen Song nach als Chartstürmer Clueso. Er ist einer, der nicht mit Sentimentalitäten, nicht mit Inhalten handelt, sondern eher betrachtet. Da ist etwa "Meine Stadt", eine rhythmisierte Hymne an die Lichter der Nacht, in der Ryo ein bisschen wie der Sozialpädagogen-Bruder von Peter Fox klingt. Oder "Planlos", ein grooviges Stück über den Traum von der Einheit, mit Fug und Recht die Single. Dass Ryo auch die Ballade beherrscht, zeigt die große Klaviernummer "Hör nicht auf", die bei aller Eingängigkeit nie Richtung Kitsch abdriftet.
Was ohnehin auffällt: Ryo macht nie den Fehler, irgendwo hin zu wollen, sondern folgt stringent dem, was ihm seine Songs vorgeben. Das mag für einen aktuellen Popact sehr organisch, sehr bewusst musikalisch klingen, macht aber letzten Endes sowohl Spaß als auch Sinn. Übrigens: Norman Sinn, Ryos Kollaborateur bei dessen "Bundesvision"-Auftritt, ist ebenfalls auf dem Sprung nach oben: Sein Debüt soll im Winter erscheinen.