Richard Hawley kann wohl einfach nicht anders: "Cole's Corner" - ein untergegangenes Kaufhaus und Treffpunkt für verliebte Pärchen in Sheffield. "Lady's Bridge" - die älteste Brücke der früheren nordenglischen Industriehochburg. Und auch der Titel seines sechsten Albums setzt seiner Heimatstadt ein Denkmal: "Truelove's Gutter" hieß einst eine Straße im Zentrum Sheffields. Doch wer glaubt, dass der britische Songwriter aufgrund der fortgesetzten Namensgebungen einfach weiter macht wie bisher, sich einmal mehr als hoffnungslos nostalgischer Romantiker präsentiert, hat sich getäuscht. ~ Stefan Weber (teleschau) aufklappen »
Natürlich sind verlassene, vergessene und verfallene Orte, vergangene Liebe und bleibender Schmerz auch auf "Truelove's Gutter" wieder die Plätze, an denen Hawleys Songs spielen. Von seiner Britpop-Vergangenheit als Mitglied der Longpigs und als Tour-Gitarrist bei seinen Sheffield-Freunden Pulp, spürt man dabei weiterhin nichts. Und seine melancholisch-sanfte Crooner-Stimme beschwört natürlich erneut die Geister von Roy Orbison, Scott Walker und Elvis Presley herauf.
Was Hawleys neuen Longplayer aber so bemerkenswert macht, ist die Vielzahl exotischer Instrumente, die der Songwriter einsetzt, ohne jemals den wunderbaren, aufs Notwendigste reduzierten und transparenten Sound unnötig zu überladen. Ondes Martenot, Lyra, Singende Säge - alles wird von Hawley, der auch als Produzent fungierte, punktgenau zu warmem Wohlklang gebracht. Und eigentlich braucht er auch kaum mehr als eine zärtliche Twang-Gitarre und einige Schlagzeugbesenschläge, um eine dunkle, aber niemals hoffnungslose Stimmung zu erzeugen - bestes Beispiel dafür ist das sich herrlich dahinschleppende "Ashes On The Fire". Und im Endeffekt rahmen alle Instrumente, dem gut ausgewogenen Sound sei Dank, nur Hawleys außergewöhnliche und tiefe Gänsehautstimme ein.
"Dieses Album sollte von Anfang bis Ende zu einer angenehmen Hörerfahrung geraten, bei der man nicht einfach den Pausenknopf drücken und zwischendurch eine Seifenoper ansehen kann", erklärt Hawley. Und ja, in "Truelove's Gutter" muss man, nein viel mehr, kann man sich nur versenken. Die Chancen, dass man als Hörer danach angenehm geläutert und selig ist, stehen bestens.