Wie erfolgreich eine Band war, lässt sich relativ leicht an den Plattenverkäufen ablesen. Wie wichtig und einflussreich sie war, zeigt sich unter anderem daran, wer sich so alles in Porträtfilmen vor der Kamera äußert. Als da wären: Bono von U2, Martyn Ware von Human League und Heaven 17, John Taylor von Duran Duran, Steve Jones von den Sex Pistols, das Elektroduo Goldfrapp, Nile Rogers von Chic sowie eine Handvoll erlesener Musikjournalisten. Sie alle sind sich einig: Roxy Music waren eine verdammt wichtige Band, vielleicht sogar die einflussreichste aus England nach den Beatles. "More Than This - The Story Of Roxy Music" erzählt nun ihre Geschichte auf DVD. Streng chronologisch, schnörkellos und nur ein ganz klein bisschen kritisch. ~ Jens Szameit (teleschau) aufklappen »
Die Geschichte der schillernden, glamourösen und aufregenden Band Roxy Music, so heißt es einmal sinngemäß im Film, ist die Geschichte einer musikalischen Entdeckungsreise. Und zwar eine, die ihrer Gegenwart immer einen Schritt voraus war. Der Autor und Popjournalist Simon Reynolds, seit dem Standardkompendium "Rip It Up And Start Again" mit der Deutungshoheit in Sachen New Wave und Postpunk versehen, lobt das revolutionäre Potenzial der Protopunks jedenfalls über den grünen Klee. Roxy Music, so sagt er, spielten stylischen Glamrock zu einer Zeit, als die meisten anderen Bands noch 60s-seligen Bluesrock klampften.
Anfang der 70-er war das, doch noch 1982, als der Megaseller "Avalon" erschien, hatte sich am Prinzip der Art-School-Clique nichts geändert. Während finsterer, sperriger Industrial im Rock den Ton vorgab, setzte der Hochglanzdandy Bryan Ferry auf aalglatt produzierten Ambient-Pop mit eskapistischen Verweisen ins Mittelalter.
Der Weg dorthin, den der Film mit einer kurzweiligen Collage aus Interview- und Archivsequenzen bestreitet, ging jedoch nicht ohne personelle Verluste vonstatten. Der Soundvisionär Brian Eno, der sich wie alle Bandmitglieder im Film erinnert, war 1973 der Erste, der von Bord ging. Zwei Alphatiere mit eigenen konzeptuellen Vorstellungen, das konnte nicht gut gehen. Das sieht Eno heute übrigens bemerkenswert sportlich: "Mein Roxy-Music-Lieblingsalbum ist das dritte, das, bei dem ich nicht mehr dabei war."
Der Dandy als Diktator? Übel genommen haben es Bryan Ferry die alten Weggefährten offenbar nicht. Das zeigen die Aufzeichnungen von der etwas rührseligen Reunion 2001, die der Sache allerdings nicht mehr viel hinzufügen. Die Meriten wurden zuvor gesammelt: Wenn der ehemalige Sex Pistol Steve Jones sagt, Roxy Music seien als einziger Glam-Act der 70-er "classy" statt "cheesy" gewesen, dann ist das ein Lob aus berufenem Mund. Auch Saxofonist Andy Mackay weiß Ähnliches aus einer Unterredung mit Sid Vicious zu berichten, der bemerkt haben soll: "Ich mag Roxy, aber ich glaube Bryan Ferry ist 'ne Schwuchtel."