"Jetzt bin ich also in dem Alter, in dem ich Längsstreifen tragen muss." Ziemlich am Anfang der DVD seufzt Rufus Wainwright, natürlich mit ironischem Unterton. Denn eines dürfte klar sein: Sein Alter sieht man dem 36-Jährigen noch nicht unbedingt an. Wenn er da durch den Backstagebereich wuselt, vorbei an seinen Musikern, an Lodenhüte tragenden Bläsern, dann wirkt er völlig aus der Zeit gefallen. Das passt - weil's zur Musik passt. "Milwaukee At Last!!!" ist ein nicht unbedingt Erwartungen sprengender, aber unbedingt solider Live-Mitschnitt von Wainwrights letzter US-Tour. ~ Jochen Overbeck (teleschau) aufklappen »
Jeder, der Wainwright schon einmal live gesehen hat, weiß wo seine Stärken liegen. Können im Songwriting und die Liebe zum breit angelegten Arrangement treffen auf einen Gestus, der sich immer selbst ein bisschen hoch nimmt und keine Angst davor hat, mit den Insignien des Kitsches zu spielen. Dabei sollte man die Anker, die die Wainwright'schen Songs mit der Vergangenheit verbinden und ihnen eine Nähe zu Vaudeville und Jazz, zu Ragtime und Klassik geben, ebenso wenig unterschätzen wie ihre inhaltliche Wucht: Ein Song wie "Gay Messiah" kann nicht Camp, kann nicht Kitsch sein - ganz einfach, weil er inhaltlich Grenzen überschreitet, die ihn zur Provokation werden lassen. Das tut Wainwright auch live - und zwar mit sichtbarem Vergnügen. "Milwaukee At Last" zeigt den Entertainer in bester Stimmung - das erste, was er der US-Metropole mitteilt, ist die illustre Vergangenheit: Immerhin, so sagt Wainwright, sei doch auch Jeffrey Dahmer, der Serienmörder, von hier.
Aber keine Sorge, im weiteren Verlauf des Programms ist Wainwright nett zu seinem Publikum. Zwei Stunden lang spielt er sich durch seine Hits, erklärt, wo genau dieser ominöse "Tiergarten" liegt, stellt bei "Between My Legs" sogar seinen - deutschen - Boyfriend vor, der dem Song eher kryptische Worte in seiner Muttersprache beisteuern darf. Und am Ende gibt's den "Gay Messiah" im Bademantel. Auf der DVD wird das Programm immer wieder unterbrochen - Regisseur Albert Maysels ("Gimme Shelter") schaltet dann quasi von der Bühne in den Thinktank dahinter, zeigt Wainwright beim Sinnieren über die richtige Brosche, beim Diskurs über das Verhältnis von Homosexualität und Verkleidung und bei leichten Konfusionen, was die deutsche Sprache und die Bedeutung des Wortes "Knight" angeht. Dass es keinerlei Extras gibt, ist angesichts dieser immer wieder gestreuten Auflockerungen schon in Ordnung.