Der große Maler Gerhard Richter sagt, dass es der Musik heutzutage viel leichter fallen würde, einfach nur "schön" zu sein, als der bildnerischen Kunst. Lauscht man allerdings den lyrischen Klängen des Schweizer Jazztrios Rusconi, kann man sich die kontroversen Diskussionen über das extrem wohlklingende Album "One Up Down Left Right" schon so richtig vorstellen. ~ Kati Hofacker (teleschau) aufklappen »
Einfach nur "schöne" Musik wird heutzutage meist von Musikschaffenden produziert, die sich primär auf die Tränendrüsen, Stresszentren oder einfach niederen Instinkte des Publikums stürzen und die dann häufig in New-Age-Buchhandlungen oder Massagesalons, in Sonnenuntergangscafés oder als Hintergrundmusik von Schicksalssendungen beim Privatfernsehen landet. Diese Prüfung dürfte Rusconi erspart bleiben, denn dazu haben die drei Herren Stefan Rusconi (Klavier), Fabian Gisler (Bass) und Claudio Strüby (Schlagzeug) einfach zu viel auf dem Kasten. Alle studierten an renommierten Musikhochschulen in Zürich, Luzern und Bern, alle drei hegen einen hehren Anspruch an die Musik, der sich in Eigenkompositionen äußert, die, wie Stefan Rusconi sagt, "im Spannungsfeld von europäischer, mehr klangorientierter Musik und der Rhythmik der amerikanischen Jazztradition entsteht."
Zu sehen ist das in der gemütlichen schwarz-weißen Retro-Bilderwelt der Fotos, die für das Album geschossen wurden. Zusätzlich aber werden das Oeuvre und die Klangwelt Rusconis geprägt von jener Art lyrischem Wohlklang, wie er häufig in Filmmusiken zu finden ist ("Playbox"), dazu aber auch von Einflüssen aus Rock und Pop ("Till Dawn"). Am Besten hört man diese Symbiose im Titelstück "One Up Down Left Right" mit seiner treibenden Rockrhythmik, getragen von Klavierakkorden statt von Gitarre. Tipp: Das dazugehörige originelle Video mit einer witzigen Gabelstapler-Choreografie auf YouTube. Dass die Jungs auch kompliziertere Beats können, zeigen sie auf dem rasanten "Helsinki". Dann wieder schmeicheln samtzarte Besen, ach, Pinsel dem Trommelfell und entführen uns in die rauchigen Bars der Schwarz-Weiß-Filme ("Dead Man Walking", "So Far"). Mal umspielt der Kontrabass minimalistisch sparsame Themen, die Loop-artig und meditativ auf oben beschrieben Stresszentren wirken ("Bribe The Wrong Guy") oder das virtuose Schlagzeug stellt sich in den Vordergrund ("Tripping"), vom Klavier nur noch als Impulsgeber angestoßen.
Über allem thront Rusconis glasklares Piano, das den Liedern ohne Worte eine elegante Kühle verleiht, eine fast zu makellose chromglitzernde Glätte, die glücklicherweise immer wieder vom warmen Bass und den intelligenten Drums aufgebrochen wird ("Perla Moda"). Wem Gerhard Richter nicht "zu schön" ist, dem wird auch Rusconi gefallen. Die Nachrichten stecken auch hier hinter der vordergründigen Ästhetik.