"I was raised on rock", singt Klaus Meine im ersten Stück des letzten Studioalbums der Scorpions. Jahrgang 1948 ist er, ebenso wie Gitarrist Rudolf Schenker. Angesichts ihrer Bühnenpräsenz ein schier unglaubliches Alter. Aber: Selbst der tiefste Jungbrunnen ist irgendwann leer. Mit "Sting In The Tail" verabschiedet sich die wichtigste Hardrock-Band Deutschlands. Und fährt ein letztes Mal alles auf, wofür sie geliebt und gehasst wurde. ~ Alexander Diehl (teleschau) aufklappen »
Das beginnt bei den ersten Akkorden des erwähnten Openers. Die Gedanken schweifen zu "Rock You Like A Hurricane". Wenig später gesellen sich Talkbox und ein unbeschwerter Chorus zum fröhlichen Erinnerungsaustausch. Der Klang ist auf der Höhe der Zeit, bei den Kompositionen hingegen wurde bis weit in die eigene Vergangenheit hinein gegraben. Mikael Nord Andersson und Martin Hansen (The Rasmus) haben ganze Arbeit geleistet. Sie produzierten nicht nur, sondern bekamen auch Songwriting-Credits.
"Humanity - Hour I" war das spannendere Album, "Sting In The Tail" ist das konsequentere. Standesgemäß wird abgehakt, was auf der Checkliste steht. Dort befinden sich - in Anlehnung an einen Best-Of-Titel - die "Rockers'n'Ballads" unmittelbar nebeneinander. Auf das heftige "Slave Me" folgt die erste Single "The Good Die Young": Im Hintergrund ist Ex-Nightwish-Dame Tarja Turunen zu hören, im Vordergrund stehen "Menschen, die sich für Frieden und Freiheit einsetzen". Nach dem Schunkel-Ausrutscher "Lorelei" geht "Turn Me On" in die Vollen. Und auf "Let's Rock!" folgt der weitaus weniger selbsterklärende Titel "SLY": Die Gitarrenlinie lässt einen schlucken. Die erste Textzeile "She was born with a song in the air, in the summer of '85" füllt die Augen mit Wasser. Der große Refrain bricht den Damm. "SLY" - die drei Buchstaben als Abkürzung für einen Bandklassiker. Wer ihn auf Anhieb errät und damals in der Blüte seines Lebens stand, wird sich der Faszination dieser Nummer nur schwerlich entziehen können.
"The Best Is Yet To Come" schließlich nennt sich der seufzende Rausschmeißer. Mehr als 40 Jahre liegen hinter den Scorpions. Und vor ihnen weitere drei. So lange soll die kommende Abschiedstournee dauern. Klaus Meine weiß, dass seine Truppe "von Anfang an ihren Platz auf der Bühne gesehen hat". Daher: Hingehen und staunen. Ein letztes Mal.
Scorpions auf Deutschlandtournee
07.05., Leipzig, Arena
08.05., München, Olympiahalle
12.05., Frankfurt, Festhalle
14.05., Stuttgart, Hanns-Martin-Schleyer-Halle
29.05., Berlin, O2 World
30.05., Zwickau, Stadthalle
01.06., Hannover, TUI Arena
12.06., Recklinghausen, Stadtgarten am Festspielhaus
12.11., Mannheim, SAP Arena
13.11., Köln, Lanxess Arena
19.11., Hamburg, Color Line Arena