Scott Weiland war wohl nie glücklich. Deswegen steht das "Happy" im Titel seines zweiten Solowerks in Anführungsstrichen, deswegen suchte er sein halbes Leben lang Zuflucht im Drogenrausch. Dennoch: Das Album des ehemaligen Velvet Revolver-Frontmanns ist ein Neuanfang. ~ Bettina Dunkel (teleschau) aufklappen »
Man sagt das ja leicht: "Da hat einer seine besten Zeiten hinter sich". Im Falle von Scott Weiland stimmt das ja auch irgendwie. Seine besten Zeiten, das waren die Neunziger, als er sich mit seiner Band Stone Temple Pilots eine ganze Weile auf Augenhöhe mit Grunge-Zeitgenossen wie Nirvana oder Pearl Jam wähnen durfte. Ein ausgeprägter Hang zum Plagiat wurde dem Ex-Punk damals vorgeworfen, Chamäleon wurde er genannt, ziemlich oft sogar. Und zu recht. Denn egal, ob er bei Stone Temple Pilots die heroinabhängige Glam-Rock-Rampensau rausließ, ob er solo ganz in sich selbst versank oder im zuletzt zu Grabe getragenen zweiten Karrierefrühling mit Velvet Revolver ziemlich orientierungslos auf den Stromschnellen des Mainstream herumpaddelte - hinter der ganzen öffentlichen Attitüde, dem Exzessivposing auf der Bühne und den schlagzeilenträchtigen Reha-Besuchen vermisste man immer diese ganz spezielle Eigennote, das Quäntchen Irgendwas, das Weiland selbst wahrscheinlich bis heute sucht.
Charisma besitzt er ja, eine ziemlich einzigartige Stimme auch. Aber so wie er sich lange Zeit in das surreale Heil der Drogenwelt zurückzog, so lebte er auch immer ein bisschen zu sehr von der Musik, die ihn prägte. David Bowie ist so ein Einfluss. Den Weiland ganz unverhohlen preisgibt. Ein Cover von "Fame" hat er auf "'Happy' In Galoshes" gepackt und mit feinem Gespür für den Zeitgeist von Paul Oakenfold verfeinern lassen. Auch auf "Paralysis" kann man die Verehrung für das Idol hören, das ebenfalls zur Gattung der Pop-Chamäleons zählt. Ziemlich zugedröhnte Grüße von Pink Floyd gibt es hingegen auf "She Sold Her System", der Schlussakkord gehört Lennon. Selbstreferentiell wird es auf "Missing Cleveland" - wohl aus diesem Grund auch die erste Singleauskopplung. "Blind Confusion" driftet kurz wieder in die Mainstreamrockschiene, auf "Blister On My Soul" wird Punk-Pop getanzt und "Killing Me Sweetly" ist ein seltsamer Bossa-Nova-Flirt, der entfernt wie eine ziemlich schief gewickelte Slo-Mo-Hommage an "I Say A Little Prayer" klingt.
Was all das besagt? Am ehesten wohl noch, dass Scott Weiland an Konventionen nicht auch nur ansatzweise interessiert ist, dass er Musik macht, die hauptsächlich ihn bewegt, die wohl auch deswegen auf seinem eigenen Label erschienen ist. Der Bruch mit Velvet Revolver dürfte der Auslöser für das Besinnen auf alte Qualitäten gewesen sein. Bezeichnend: Auch die Stone Temple Pilots gibt es wieder, in Urbesetzung. Das Ergebnis der ersten Reunion-Platte könnte spannend ausfallen.